BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Nordsee

Die Nordsee ist beliebtes Ausflugs- und Urlaubsziel, Rohstofflager, Verkehrsweg und reichhaltige Nahrungsquelle. Viele unterschiedliche Lebewesen bilden ein faszinierendes und äußerst spannendes Ganzen, das die Menschen schon seit Jahrhunderten fesselt. Das Wattenmeer, mit seinen reichen Nahrungsgründen, ist ein äußerst wichtiger Zwischenstopp für Millionen von Zugvögeln.

Entstehungsgeschichte der Nordsee

Die Nordsee in ihrer heutigen Form entstand erst nach der Weichsel-Eiszeit. Frühere Sedimente und geologische Auffaltungen, wie zum Beispiel vor der schottischen Küste, wurden nach und nach überprägt. Schon vor Beginn der Eiszeiten gab es verschiedene Meere auf dem Gebiet der heutigen Nordsee.

Während der Saale-Eiszeit vor rund 200.000 Jahren war das Gebiet fast vollständig von Eis bedeckt. Nach kurzer Unterbrechung durch die Eem-Warmzeit schloß sich die Weichsel-Eiszeit an, die vor rund 10.000 Jahren endete und bei weitem nicht so stark ausgeprägt war. Sie bedeckte nur die nördlichen Gebiete der Nordsee. Trotzdem waren ihre Auswirkungen gravierend. Dadurch, dass enorme Mengen Wasser in den Eiskappen gebunden wurden, fiel der Meersspiegel bis zu 120 Meter unter das heutige Niveau. Somit fiel die Nordsee als relativ flaches Meer fast komplett trocken und es entstand eine Tundra auf dem vormaligen Meeresboden.

Im weiteren Verlauf der Weichsel-Eiszeit schrumpften die Eiskappen und der Meeresspiegel stieg um rund 60 Meter. Während dieser Phase war der Ärmelkanal trocken und bis hin zur Doggerbank verband eine Landbrücke Großbritannien mit dem Festland. Die Schmelzwässer der Alpen-Gletscher flossen über den Rhein und den Ärmelkanal in den Atlantik. Die skandinavischen Gletscher waren das Einzugsgebiet des Elbe-Urstroms, welcher in ein kleines Brackwassermeer im Bereich der nördlichen Nordsee mündete.

Mit dem weiteren Abschmelzen der Gletscher stieg der Meeresspiegel und vor rund 8000 Jahren wurde Großbritannien wieder zur Insel, als der Ärmelkanal überflutet wurde.

Die Doggerbank als flachste Stelle der Nordsee blieb noch einige Zeit als Insel bestehen. In dieser Zeit begann auch die Bildung des Wattenmeers.

Seither stieg und fiel der Wasserspiegel der Nordsee nur um wenige Meter. Die nord- und ostfriesischen Inseln bildeten sich während der letzten 5.000 Jahre aus Sandbänken oder beim Auseinanderbrechen größerer Inseln. 

Lebensräume in der Nordsee

Die deutsche Nordsee lässt sich grob in fünf spezielle Lebensräume einteilen, die jeweils von besonders angepassten Tier- und Pflanzengemeinschaften besiedelt werden. Dabei fällt ein Bereich – das Wattenmeer – täglich bei Niedrigwasser trocken, die anderen Lebensräume – Flussmündungen, Riffe, Sandbänke und das Elbe-Urstromtal – sind immer von Meerwasser bedeckt. Eines jedoch haben die Lebensräume gemeinsam. Alle leiden unter der starken Nutzung der Nordsee durch den Menschen und bedürfen besonderem Schutz, damit sie auf Dauer erhalten werden können.   

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Elbe-Urstromtal

Als Elbe-Urstrom wird das auch heute noch am Grund der Nordsee erkennbare frühere Flussbett der Elbe bezeichnet. Dieser Urstrom entstand während der letzten Eiszeit, als der Meeresspiegel etwa 60 Meter niedriger lag als heute. Die Mündungsbereiche der Urelbe und des Urrheins befanden sich damals zeitweise ungefähr auf der Höhe der Doggerbank.

Heute ist das bis zu 50 Meter tiefe Flusstal mit besonders feinen Ton-, Schlick-, und Feinsandsedimenten gefüllt. Hier finden Muscheln und Schlangensterne gute Lebensbedingungen. Aber auch für den Wasserhaushalt der Nordsee spielt dieses Becken eine wichtige Rolle. Am Grund fließt kälteres und schwereres Wasser aus der nördlichen Nordsee Richtung deutsche Küste. Mit ihm werden zahlreiche Fischlarven und Planktonorganismen transportiert. Somit ist das Elbe-Urstromtal wichtig für die Ausbreitung vieler kälteliebender Arten.

 

 

Flussmündungen

Ästuare sind Flussmündungen, die im Laufe der Zeit durch den Gezeiteneinfluss trichterförmig erweitert wurden. Typische Beispiele sind die Elbe-, Ems- und Wesermündungen. Diese Bereiche erfordern sehr hohe Toleranzbereiche der hier lebenden Organismen. So ändert sich durch die Gezeiten nicht nur viermal täglich der Salzgehalt des Wassers, sondern auch die Fließrichtung, der pH-Wert und die Temperatur. Ein Problem in den Ästuaren ist die Belastung mit Schwermetallen. Die pH-Änderung im Grenzbereich zwischen Salz- und Süßwasser führt dazu, dass die im Süßwasser gelösten Schwermetalle hier ausfallen und sich im Sediment ablagern. Ganze Bereiche der Flussmündungen sind so zu Giftmülllagern geworden. Das verschärft die Umweltprobleme erheblich, die sich bei den regelmäßigen Vertiefungen der Flussmündungen für die Schifffahrt ergeben. Weitere schwerwiegende Eingriffe in die Natur sind zum Beispiel die Errichtung von Sperrwerken zum Hochwasserschutz, wie an der Mündung der Eider. 

Riffe

Zu den geschützten deutschen Nordseeriffen gehören das Sylter Außenriff und Borkum Riffgrund. Beide Riffe bestehen aus einem steinigen Untergrund, auf dem sich zahlreiche Tiere der sogenannten Epifauna-Gemeinschaften mit so klangvollen Namen wie Seenelke, Essbarer Seeigel, Tote Mannshand und Seescheiden angesiedelt haben. Außerdem sind die Riffe sehr beliebte Jagdgebiete bei Schweinswalen und Robben. So befindet sich ein Schweinswal-„Hot spot“ beim Sylter Außenriff. 

Sandbänke

Zahlreiche Sandbänke durchziehen die Nordsee und bilden den flächenmäßig größten Lebensraum. Die Sandbank „Doggerbank“ liegt ziemlich genau in der Mitte der Nordsee. Sie hat mit knapp 17.600 Quadratkilometern etwa die gleiche Fläche wie Schleswig-Holstein.

Das Leben spielt sich hier hauptsächlich in der obersten Sandschicht ab. Die zahlenmäßig größte Gemeinschaft ist die Sandlückenfauna, bestehend aus winzigen Krebsen und Würmern. Nach kurzem Buddeln können bereits zahlreiche Borstenwürmer und Muscheln entdeckt werden, die Nahrungsgrundlage für zahlreiche Fische und Vögel sind.

Die vielen Fische, besonders die Plattfische wie Scholle oder Butt, werden auf den Sandbänken sehr stark befischt. 

Weltnaturerbe Wattenmeer: Ein dynamischer Lebensraum

Wer an die Nordseeküste kommt, sieht meist als erstes Schlick: das Wattenmeer. Der zum UNESCO-Weltnaturerbe zählende rund 9500 Quadratkilometer große Nationalpark Wattenmeer erstreckt sich vom Deich über die Dünen, die Salzwiesen und das Watt bis hin zu den vorgelagerten Inseln und noch ein kleines Stück darüber hinaus – fast die gesamte deutsche Nordseeküste entlang.

Das Wattenmeer ist geprägt durch die Gezeiten. Im Takt von 12 Stunden und 25 Minuten kommt und geht das Meer. Die Gezeiten schaffen so einen dynamischen Lebensraum, der sich andauernd verändert. Ständig tauchen neue Sandbänke auf und werden alte abgetragen. Zusätzlich bewirkt der Küstenstrom, dass die friesischen Inseln langsam Richtung Osten wandern.

Geprägt von diesen Schwankungen von Wasser, Temperatur, Salz und Licht hat sich ein einmaliger, üppiger Lebensbereich entwickelt. Rund 10.000 Arten von einzelligen Organismen, Pilzen, Pflanzen und Tieren wie Würmer und Muscheln, Fische, Vögel und Säugetiere leben hier. Jedes Jahr legen 10 bis 12 Millionen Vögel auf der Durchreise von den Brutgebieten in Sibirien, Skandinavien oder Kanada zu ihren Überwinterungsgebieten in Westeuropa und Afrika eine Rast im Wattenmeer ein. Für diese weite Reise fressen sie sich hier ein Fettpolster an. Nur im Wattenmeer finden sie genug Nahrung, um die Tausende Kilometer lange Reise machen zu können. Als Nahrungsgrundlage dienen ihnen Diatomeen (Kieselalgen) und Cyanobakterien (Blaualge), die auf der Schlickoberfläche wachsen. Das Wattenmeer ist einer der produktivsten Lebensräume der Erde. 

 

Tiere & Pflanzen in der Nordsee

Die Nordsee ist eines der produktivsten Meere der Welt. In jedem Liter leben Millionen winziger Algen, Bakterien und Tiere. Anders als an Land wird der Hauptteil der Primärproduktion von Organismen übernommen, die so klein sind, dass man ein Mikroskop braucht, um sie zu entdecken. Sie bilden den Ausgangspunkt der Nahrungskette, die über den Ruderfußkrebs, den Hering und den Dorsch bis hin zum Schweinswal führt. 

Ihre Ansprechpartnerin

Stefanie Sudhaus

Meeresschutzreferentin
E-Mail schreiben Mobil: 0152 29015049

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