BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Öl-Unglück in Brunsbüttel: Unklare Wartungsverantwortung wirft auch Fragen für neue LNG-Versorgung auf

13. Januar 2023 | Energiewende, Flüsse & Gewässer, Fracking, Klimawandel, Landespolitik

- Drei Wochen nach dem Öl-Unfall im Nordostseekanal bei Brunsbüttel gibt es mehr Fragen als Antworten. - BUND Schleswig-Holstein sieht Politik in der Verantwortung, zukünftigen Katastrophen vorzubeugen

Kiel. Drei Wochen ist es her, dass im Brunsbütteler Hafen im Nordostseekanal Öl aus einer Pipeline auslief. Mit 300.000 Litern Rohöl ist dies damit der größte bisherige deutsche Ölunfall. Bis heute laufen die Reinigungsarbeiten. Zwar wurden nach Angaben des Umweltministeriums durch schnelles und konsequentes Handeln 99 Prozent des ausgelaufenen Rohöls eingesammelt und damit eine Katastrophe verhindert: Das verbleibende Prozent (3.000 Liter, eine Menge für 15 Badewannen) kann trotzdem Millionen Liter Grundwasser verseuchen.

Wann und wie häufig die 60 Jahre alte Leitung gewartet wurde, entzieht sich jedoch immer noch der Kenntnis des Ministeriums. Nach einem ersten kleineren Vorfall am 16.12. erfolgte keine Ursachenforschung, so dass fünf Tage später die riesige Menge Rohöl unkontrolliert austreten konnte. Gemäß Paragraph 4 und 6 der Rohrleitungsverordnung ist ausschließlich der Betreiber, in diesem Fall die Raffinerie Heide, zur fortlaufenden Überwachung und Gewährleistung der Unversehrtheit der Pipeline, etwa durch regelmäßige Prüfungen, verpflichtet. Nach der aktuellen Rechtslage kontrollieren also die zumeist privaten Betreiber die Wartung sicherheitsrelevanter Leitungen und Rohre in Schleswig-Holstein selbst. Eine Verantwortung, die zwischen Profitinteresse und öffentlicher Sicherheit irrlichtern muss, wird in einem Industrieland wie Deutschland nicht vermutet. Darin liegt der eigentliche Skandal.

Der BUND Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH) fragt sich, wie die Landespolitik zukünftig mit der Problematik Verschmutzung durch Wartungsmangel umgehen will. Denn: Fossile Energieträger sind dank der „Zeitenwende“ in Deutschland jetzt wieder salonfähig. Vom zukünftigen LNG-Terminal in Brunsbüttel sollen demnächst neue Gasleitungen ohne die normalerweise vorgeschriebene Sicherheitsprüfung in Rekordzeit gebaut werden. Nach dem Unglück in Brunsbüttel fordert BUND-Landesgeschäftsführer Ole Eggers zurecht klare Verantwortungen für die Wartung aller Pipelines im Lande durch staatliche Kontrolle:
„Anscheinend kann für die Sicherheit dieser Infrastruktur nicht ausreichend gesorgt werden: Brunsbüttel Ports, Politik und Raffinerie Heide haben die letzten Wochen alle mit dem Finger aufeinander gezeigt. Wenn schon bei einer solch lang erprobten Technik wie dieser Öl-Pipeline nicht glasklar ist, wer die Verantwortung für die Wartung und Sicherheit trägt – können wir uns dann eigentlich zukünftig leisten, noch viel gefährlichere Rohstoffe wie Methan, Ammoniak und Wasserstoff in unglaublichen Mengen unkontrolliert durch überwiegend dicht bewohntes Gebiet zu leiten?“, so Eggers weiter.

„Öl-Verschmutzungen sind schon immer ein Problem gewesen, etwa bei der Öl-Förderung im Meer oder bei Schiffsunfällen. Bereits wenige Tropfen Öl reichen, dass etwa die Isolierwirkung von Gefieder und Fell von Wasservögeln und Meerestieren verschwindet und die Tiere ungleich mehr Energie benötigen, um warm zu bleiben. Vögel werden durch das Öl flugunfähig. Dazu kommen die im Öl enthaltenen Giftstoffe, die bei direktem Kontakt ebenfalls zum Tod führen können.“ So Stefanie Sudhaus, Meeresschutzreferentin beim BUND SH.

Das MEKUN bestätigte dem BUND, dass 16 verendete und etwa 60 verölte, lebende Tiere gefunden wurden (Stand 11. Januar). Christina Lerch, Pressesprecherin des MEKUN, kündigte an, dass „auch in der nächsten Zeit ein engmaschiges Monitoring beibehalten wird. Zusätzlich werden die Ranger vom Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz des Landes Schleswig-Holstein im Tagesgeschäft einen Fokus auf eventuelle Folgen des Unfalls setzten“. Die Kosten der Öl-Katastrophe trägt unter normalen Umständen der Verursacher. Das MEKUN weist auf das Landesverwaltungsgesetz hin, gemäß dem die Behörden in Vorleistung treten, solange kein Verursacher feststeht. Am Ende zahlt also im schlimmsten Fall wieder der Steuerzahler für die Nachlässigkeit der Industrie.

Eggers ist sauer: „Es bleibt dabei: Solche Unglücke sollten gar nicht erst passieren. Hier muss die Politik Vorsorge treiben. Wir halten Minister Tobias Goldschmidt zugute, dass er schnell und durchgreifend reagiert hat und den Kanal länger sperrte, als es etwa FDP, IHK und Lotsenbrüderschaft gefordert hatten. Das Umwelt-Ministerium muss jetzt das versprochene engmaschige Monitoring transparent und öffentlich vornehmen und bekannt geben. Nur eine zukünftig klar geregelte, staatliche Kontrolle der Wartungen von Rohrleitungen kann derartigen „Unfällen“ vorbeugen. Sie dürfen weder mit flüssigem Öl, noch bei brand- oder explosionsgefährlichen Gasen zukünftig wieder passieren!“

Kontakt für weitere Informationen

Ole Eggers
BUND Landesgeschäftsführer
Tel. 0178 635 07 19
Mail: ole.eggers(at)bund-sh.de

Pressekontakt

Martina Gremler
Tel. 0179 2630518
Mail: martina.gremler(at)bund-sh.de

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