BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

„Ein Schweinswal!“ Die meisten Besucher am und auf dem Meer freuen sich wohl, wenn sie das seltene Glück haben, einen Vertreter der kleinsten und in deutschen Meeren einzig heimischen Walart zu sehen.

Doch um Phocoena phocoena, so der wissenschaftliche Name, steht es vor allem in der Ostsee sehr schlecht. Während sich die Zahl der Tiere in der westlichen Ostsee innerhalb von elf Jahren (1994-2005) um circa 60%  auf knapp 11000 reduziert hat, steht der Schweinswal im östlichen Bereich kurz vor dem Aussterben. Die letzten Zählungen gehen nur noch von ungefähr 250 Tieren aus.

Tausende ertrinken!

Doch was ist der Grund für diese drastischen Zahlen?  Mehrere Studien zeigen, dass die häufigste Todesursache bei Schweinswalen das Ertrinken in Stellnetzen ist. Gefundene Kadaver weisen oft deutliche Netzmarken auf. Da die Tiere die feinen Netze kaum wahrnehmen können, verfangen sie sich darin und ertrinken. Denn die beobachteten Tauchzeiten sind mit sechs bis zehn Minuten recht kurz. Pro Jahr sterben tausende Tiere in den Netzen, allein in deutschen Gewässern über hundert. Diese hohen Zahlen können durch die Geburtenrate nicht ausgeglichen werden und so nimmt die Zahl der kleinen Wale beständig ab.

Und nicht nur Schweinswale zählen zu den Opfern. Auch viele tauchende Seevögel haben keine Chance und ertrinken: Laut einer Studie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) von 2010 tun dies allein vor der Mecklenburg-Vorpommerschen Küste jährlich bis zu 20.000 Tiere. Darunter Arten wie zum Beispiel Sterntaucher oder Eider- und Eisenten, die im Ostseeraum überwintern. Deren Bestände brachen in den letzten zwanzig Jahren (seit 1992) so stark ein (51% bei den Eiderenten, 65% bei den Eisenten), dass die Eiderente mittlerweile sogar auf der Roten Liste der gefährdeten Arten steht.

Stellnetze und Alternativen

Stellnetze werden vor allem in den flachen Küstengewässern der Ostsee sowie in Binnengewässern genutzt und nach ihrer Aufstellungsart unterschieden: Pelagialnetze werden auf die gewünschte Tiefe im Freiwasser gebracht, während die Bodennetze auf den Gewässergrund sinken. Zielarten sind in Küstengewässern zum Beispiel Hering, Dorsch und Scholle, im Süßwasser Arten wie Karpfen, Hecht, Barsch oder Zander.

Doch leider ist mit dieser Methode der sogenannte Beifang, also der unerwünschte Fang anderer Tierspezies und –arten unvermeidbar.

Als Gegenmaßnahme werden sogenannte Pinger eingesetzt. Diese Objekte sollen durch akustische Signale Schweinswale vergrämen, doch Pinger sind durchaus kritisch zu betrachten. Denn zum einen haben sie auf Seevögel keine Wirkung, zum anderen tragen sie zur Lärmverschmutzung der Meere bei. Einige Wissenschaftler befürchten sogar eine Lockwirkung auf Schweinswale nach dem Motto „wo Lärm, da Fisch“. Vor allem in Schutzgebieten, die ja einen geschützten Lebensraum für die bedrohten Tiere darstellen sollen, ist das vergrämen, also verjagen der Tiere unter dem Deckmantel ihres Schutzes völlig falsch.

Aus diesem Grund müssen Stellnetze und damit auch Pinger möglichst schnell verboten werden.

Zusammen mit den Fischern müssen dagegen Alternativen erprobt, weiterentwickelt und an örtliche Gegebenheiten angepasst werden. Doch Deutschland hinkt hinterher: Während in anderen Ländern zum Beispiel bereits beköderte Fischfallen oder automatisierte Angel- und Reusensysteme zum Einsatz kommen, finden sich diese Techniken hier noch nicht im allgemeinen Gebrauch. Hier muss eine verstärkte Förderung der alternativen Methoden stattfinden.

Schutzbemühungen

Deutschland ist in Europa Vorreiter, was die Ausweisung von Meeresschutzgebieten angeht. Ungefähr 14 Prozent der deutschen Küstengewässer und über 30 Prozent der deutschen ausschließlichen Wirtschaftszone (AWZ, Seegebiet zwischen 12 und 200 Seemeilen vor der Küste) zählen zu Natura-2000-Gebieten. Diese umfassen sowohl die ausgewiesenen Flora-Fauna-Habitat- (FFH) und als auch die Vogelschutzgebiete (Special Protection Area SPA). Doch leider hinkt der tatsächliche Schutz den Ausweisungen hinterher. Durch fehlende Managementpläne findet in den Gebieten weiterhin Fischerei mit Stell- und Grundschleppnetzen statt, was den Pflichten zum Schutz und zur Erhaltung der geschützten Arten und Lebensräume Entgegen steht.

2002 wurde unter der Schirmherrschaft von ASCOBANS (internationales Abkommen zur Erhaltung der Kleinwale in der Nord- und Ostsee, des Nordostatlantiks und der Irischen See) der sogenannte Jastarnia-Plan erstellt. Dieser nennt als Ziel unter anderem die Reduzierung von bestimmten Fischereimethoden mit hohen Beifängen (also Stellnetzen), sowie die Verringerung der Zahl von Beifängen von Schweinswalen in der Ostsee auf maximal zwei Tiere pro Jahr. Dieser Plan wurde nicht nur nicht umgesetzt, sondern 2012 unter anderem durch die Mitwirkung von Deutschland mit der Formulierung, dass „so wenig Schweinswale wie möglich“ mitgefangen werden sollen, völlig aufgeweicht. Auch weitere Maßnahmen wie Stellnetzverbote wurden nicht ausgesprochen. 

Ihre Ansprechpartnerin

Stefanie Sudhaus

Meeresschutzreferentin
E-Mail schreiben Mobil: 0152 29015049

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