Fehmarnbelt-Querung

Wo Prestige über Umweltschutz und Vernunft regiert

Wo heute noch Fähren zwischen Puttgarden in Deutschland und Rødby in Dänemark pendeln, soll nach dem Willen der beiden Regierungen ab 2028 eine feste Querung die beiden Länder verbinden und den Güter- und Personenverkehr übernehmen. Am 14. Januar 2010 trat der Staatsvertrag für das 7, 4 Milliarden Euro teure deutsch-dänische Prestigeprojekt in Kraft. Am 28.4.2015 wurde in Dänemark das Baugesetz für den Tunnel verabschiedet.

In Deutschland gibt es seit 2009 aufgrund der enormen Umweltauswirkungen, der hohen und jährlich steigenden Kostenprognosen und auch der Störung des Flora-Fauna-Habitat-Schutzgebietes Fehmarnbelt starken Widerstand. Die Fehmaraner Bevölkerung sowie Bürgerinitiativen entlang der Schienentrasse bis Hamburg und sämtliche Umweltschutzorganisationen inklusiv des BUND wehren sich gegen dieses Mammutprojekt, dessen ökonomischer Nutzen stark umstritten ist.

Ursprünglich war eine Brücke angedacht, doch mittlerweile haben sich die Planungen auf einen Absenktunnel festgelegt. Für die 18 Kilometer lange Strecke sollen 89 Tunnelelemente mit je 217 Metern Länge und 42 Metern Breite in einen zuvor am Meeresgrund ausgehobenen Graben verlegt werden. Für den Bau werden 3 Millionen Kubikmeter Beton und 0,3 Millionen Tonnen Stahl benötigt. Zur Herstellung des Betons müssen 2 Millionen Tonnen Sand und 4,1 Millionen Tonnen Kies angeliefert werden – gewaltige Rohstoffmengen. Zudem werden beim Bau des Tunnels circa 1,9 Millionen Tonnen CO2 freigesetzt. Da die Fähren, die zwischen Puttgarden und Rödby verkehren, auf emissionsarme Antriebsarten umgestellt werden und damit klimafreundlicher sind, kann der Tunnel keinen Beitrag zum Klimaschutz leisten, sondern ist klimaschädlich.  

Dass für den Bau auf der gesamten Länge der Meeresboden abgetragen werden muss und damit einzigartige Lebensräume zerstört werden, die auch nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie in diesem Gebiet geschützt sind, scheint die Verantwortlichen nicht zu stören. Der Bodenaushub wird um die 19 Millionen Tonnen betragen. Etwa 600 Arten werden von der Zerstörung betroffen sein, 81 davon stehen auf der „Roten Liste“. Und sie sind nicht nur durch direkte Baggerarbeiten betroffen: aufgewirbeltes Sediment stört durch die starken Strömungen noch weit entfernte Riffe und Sandbänke und bereits abgelagerte Schad- und Nährstoffe werden erneut gelöst und ins System eingebracht. Der Baulärm wird erhebliche Auswirkungen auf das sensible Gehör und die Kommunikation der Schweinswale haben, die sich zur Kinderstube im Fehmarnbelt vor allem im Sommer in höherer Zahl finden.

Zudem könnte ein Absenktunnel Auswirkungen auf den Einstrom von sauerstoffreichem Nordseewasser in die zentrale Ostsee haben, welches aufgrund seines höheren Salzgehaltes am Meeresgrund entlang fließt. Würde der Einstrom von diesem Wasser gestört, verschlechtert sich die Sauerstoffversorgung in weiten Teilen der zentralen Ostsee – was sich beispielsweise auch auf den Nachwuchs von Fischbeständen wie des Dorsches auswirken kann.

Der Fehmarnbelt stellt ein wichtiges Laich-und Aufwuchsgebiet für viele Fische, wie z. B. den Dorsch, dar  (Wolf Wichmann)

2015 und 2017 fanden die Anhörungen für das Planfeststellungsverfahren Tunnel und für die eingereichten Einwände statt (2015 gab es 3.200 Einwendungen, 2016 waren es 12.600). Letztendlich werden nun ab dem 22. September 2020 acht Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt.

Aus Sicht des BUND ist der verkehrliche Bedarf für eine zweispurige Autobahn unter Wasser nicht vorhanden. Auch eine Refinanzierung der Baukosten durch die Nutzer ist illusorisch, denn dafür müsste eine nicht realistische Verdopplung des PKW-Verkehrs stattfinden.

Zum eigentlichen Tunnelbau kommen noch Anschlussprojekte wie beispielsweise die Schienenanbindung. Durch sie sind weitere große Umweltschäden zu erwarten. Die BUND Kreisgruppe Ostholstein hat sich 2013 am Raumordnungsverfahren zur Schienen-Hinterlandanbindung beteiligt. Insgesamt wurden rund 8300 Einwendungen abgegeben. Der BUND vertritt den Standpunkt, dass bisher keine raumverträgliche Trasse für Güterzüge in Ostholstein vorliegt. Die Landesregierung hat im Raumordnungsbeschluss unter anderem eine Trassenvariante an der A1 als Umfahrung der Seebäder Timmendorfer Strand und Scharbeutz und damit verbunden die Stilllegung der Bestandstrasse festgelegt.

Ein Umdenken beim Bau der verkehrspolitisch unsinnigen und umweltpolitisch nicht vertretbaren Fehmarnbeltquerung ist dringend erforderlich. Der BUND schlägt alternativ den Ausbau bestehender Verkehrswege, die Instandsetzung der vorhandenen Bahnverbindungen und ein optimiertes Fährkonzept vor.

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