Die Winterjacke ist dick und heiß, der Schweiß perlt von der Stirn, der Puls steigt – Weihnachtszeit heißt Erwartungen gerecht werden, Einkaufsboom und Druck. Bekannt wurde es als das Fest der Liebe, der Besinnlichkeit und des Innehaltens. Zeit mit den Liebsten verbringen und dabei kleine Aufmerksamkeiten vergeben, so die ursprüngliche Idee. Das konnten durchaus auch selbstgemachte Geschenke sein, selbstgestrickte Socken und Pullover, selbstgemalte Bilder, selbstgebackene Kekse.
Inzwischen ist Weihnachten das Fest der Last-Minute-Einkäufe, des Konsums und der übervollen Kaufhäuser. Wenn es überhaupt noch Kaufhäuser sind. Vielleicht ist Weihnachten inzwischen sogar das Fest der Online-Shops. Fakt ist: Das bedeutet vor allem Stress und wenig Nachhaltigkeit. Immerhin jede*r Sechste möchte, laut einem Artikel der Webseite Spiegel Online, in diesem Jahr mehr als 500 Euro für Geschenke ausgeben. Dabei ist das persönliche Einkommen für die teure Schenk-Laune zweitrangig.
Erschreckend bei dieser Konsumwut ist vor allem, dass laut der Umfrage ein Drittel der Menschen die Geschenke online kaufen möchte. Auch das trägt wieder zu deutlich erhöhtem Energieverbrauch und mittelfristigem Aussterben der Innenstädte bei. Aber es sind nicht die jungen Digital Natives, von denen man es vielleicht am ehesten erwarten würde. Es sind die Menschen mittleren Alters, eingespannt zwischen Beruf und Familie, die in ihre rare Zeit auch noch den Kauf einer neuen Playstation für die Jüngsten quetschen müssen. Und natürlich: Geschenke sollen toll sein, erinnerungswürdig, großartig und unvergesslich. Nur knappe 13 Prozent wollen ihre Geschenke selber erstellen. Cool ist anscheinend alles Neue, Glänzende und Gekaufte. An Heiligabend stapeln sich dann die Pakete unter dem Baum, deren Inhalt zu einem großen Teil schließlich doch – wenig genutzt – im Regal verstauben wird.
Unsere Vorstellung vom Schenken passt nicht zu unserer Vorstellung von Zukunft
Leider passt größer, elektronischer und immer mehr, mehr, mehr, nicht zu unserer kleinen, begrenzten Erde. Immer das Beste für seine Liebsten im Sinn zu haben, ist absolut richtig. Es ist aber gerade die Mäßigung, die letztlich das Beste für alle sein wird. Eine ausgelaugte, völlig zerstöre Welt bringt auch unseren Kindern nichts mehr.
Erinnern tun wir uns letztlich vor allem an emotionale Momente. Das bedeutet aber auch, dass gemeinsame Zeit miteinander immer noch das größte, beste und erinnerungswürdigste Geschenk ist, dass wir geben können. Warum muss überhaupt alles „perfekt“ sein? Gerade Kinder sind dann am glücklichsten, wenn sie angenommen werden wie sie sind und wenn sie mit ihren Eltern gemeinsam Projekte angehen und einfach mal reden können. Da steht nichts von Playstation. Aber auch für Erwachsene ist miteinander verbrachte Zeit pure Freude.
Also: Statt kaufen, basteln. Zum Beispiel Gutscheine für einen gemeinsamen Tag. Wer wenig Zeit zum Basteln hat, kann auch einfach eine Karte beschreiben. Geschenkt wird dann gemeinsame Zeit: Brunch, Besuch des Feuerwehrmuseums oder ein Verwöhn-Tag – einfach wieder die Fantasie fließen lassen. Auch das machen wir ja heutzutage auch nicht mehr so oft. Inspiration bietet zum Beispiel das Projekt „Zeit statt Zeug“.
Wenn schenken, dann gedankenvoll!
Natürlich, irgendwie schenken möchten dann aber trotzdem viele. Verlegenheitsgeschenke und Fehlkäufe vermeidet, wer seine Mitmenschen nach ihren Wünschen fragt und genau das schenkt, was sie haben möchten. Oft weiß man ja auch gar nicht, was man jetzt schenken soll. Die andere Person hat schließlich schon alles... Ja, ganz genau! Hat sie wahrscheinlich tatsächlich. Da bietet es sich an, eine Spende für Vereine zu verschenken, die sich für soziale und ökologische Themen einsetzen. Einmalspenden im Namen der beschenkten Person oder vielleicht sogar eine Jahresspende kommen toll an und helfen am richtigen Ende.
Wohin mit dem ganzen Weihnachtsmüll?
Die großen Berge von Geschenkpapier, die nach der Bescherung in den Müll wandern, sind vermeidbar. Packpapier, Stoffreste, Zeitungspapier oder Seiten aus alten Büchern und Zeitschriften sind eine kreative und umweltfreundliche Alternative. Doch nicht nur unter dem Baum lässt sich leicht für mehr Nachhaltigkeit sorgen: Weihnachtsbäume stammen oft aus Monokulturen, viele werden importiert oder legen innerhalb Deutschlands weite Transportwege zurück. Während der Aufzucht werden sie mit Pestiziden und Dünger behandelt, um einen perfekten Wuchs und eine besonders schöne Färbung der Nadeln zu erreichen. Wer die Umwelt schonen, aber nicht auf den Weihnachtsbaum verzichten möchte, kann auf regionale Bäume mit FSC- oder Bio-Siegel zurückgreifen oder fragt beim lokalen Forstamt nach Bäumen von sogenannten Sonderflächen (wie unter Strom- oder auf Leitungstrassen). Eine Liste für entsprechende Weihnachtsbäume in Schleswig-Holstein ist hier (bei Robin Wood) zu finden. Sie wird jährlich aktualisiert.
Auch bei der Dekoration gibt es Alternativen zu Plastikkugeln und Lametta. Mit Naturmaterialien zu basteln ist nicht nur ressourcenschonend, sondern macht auch Spaß (um noch einmal auf gemeinsam verbrachte Zeit zurückzukommen). Selbstgeflochtene Kränze aus Zweigen, Strohsterne oder Tannenzapfen als Baumschmuck, da ist für jede Zeiteinheit und Kreativität etwas dabei.
Weihnachten lässt sich ohne Verschwendung und Stress feiern – versprochen! Und dann ist auch endlich Zeit, sich wieder auf das Wesentliche zu fokussieren: das besinnliche Beisammensein mit den Liebsten.