Kiel/ Neumünster. Katastrophale Auswirkungen auf den Klimaschutz, auf bedrohte Vögel und Fische sowie das Grundwasser sehen Schleswig-Holsteins größte Naturschutzverbände im Weiterbau der Autobahn 20 (A 20). Für den Bauabschnitt 7 (Hohenfelde bis Glückstadt im Kreis Steinburg) der Ost-West-Betontrasse haben beide Verbände heute eine gemeinsame Stellungnahme eingereicht. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH) und der Naturschutzbund Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (NABU SH) erklären, dass durch Bau und Betrieb der Autobahn sowohl Menschenleben – durch die Klimawirkung – wie das Leben streng geschützter Tierarten bedroht sind.
„Jährlich sterben fünf Millionen Menschen an den Folgen des Klimawandels – Tendenz deutlich steigend. Da dürfen wir nicht wegschauen!“, sagt Alexander Schwarzlose, Vorsitzender des NABU. Dietmar Ulbrich, Vorsitzender des BUND SH, ergänzt: „Es ist uns völlig unverständlich, wie man in solchen Zeiten noch neue Autobahnen planen kann. Sie bringen die Verkehrswende nachweislich kein Stück voran, sondern schaffen nur einen Anreiz, noch mehr Auto zu fahren.“ Wegen der Klimawirkungen des zunehmenden Verkehrs, des enormen Betonverbrauchs und der Zerstörung von Moorflächen sei der Ausbau der A20 die umweltfeindlichste Fernstraßenplanung Deutschlands.
Die Planung verletzt außerdem die artenschutzrechtlichen Verbote, streng geschützte Tiere zu töten oder zu stören, wie die Umweltverbände in ihrer Stellungnahme weiter ausführen. Die DEGES beurteile die Risiken für Brutvögel auf der Grundlage einer Kartierung und einer Plausibilitätsprüfung, die den Vorgaben und wissenschaftlichen Standards nicht standhalten. „Die Brutvogelkartierung fand von März bis Juli statt, obwohl beispielsweise Seeadler bereits im Februar anfangen zu brüten. Zudem fanden die Erfassungen nur morgens und nachts statt, obwohl beispielsweise Kiebitze vorrangig spätnachmittags zu erfassen sind“, zählt Alexander Schwarzlose auf. Sein Fazit: Die Ergebnisse der Brutvogelkartierungen seien nicht belastbar und nicht geeignet, artenschutzrechtliche Konflikte zutreffend und rechtssicher zu bewerten. „Wir befürchten deshalb, dass mehr als die von der DEGES genannten 24 Kiebitz-Brutpaare betroffen sind. Dabei hat der Bestand dieser Vögel in Deutschland in den vergangenen 40 Jahren um 93 Prozent abgenommen!“
Gefährdet sind außerdem die Bestände der streng geschützten Fischarten Schlammpeitzger und Bitterling. Für den Sandspülbetrieb plant die DEGES, mit leistungsstarken Pumpen Wasser aus dem Fluss Langenhalsener Wettern zu entnehmen - in unmittelbarer Nähe zu den Laichplätzen der Fische. Ein Großteil der zwei bis vier Millimeter großen Fischlarven werde in den Pumpen sterben. „Ebenso betroffen sind die Larven der Teichmuschel und anderer Muschelarten. Das widerspricht dem artenschutzrechtlichen Tötungsverbot“, berichtet Dietmar Ulbrich aus der Stellungnahme der Umweltverbände.
Auch die Wasserversorgung der Anlieger-Gemeinden und der landwirtschaftlichen Flächen sehen die Naturschutzverbände gefährdet. Die DEGES rechne selbst damit, dass der Grundwasserspiegel durch die Bauarbeiten um bis zu zwei Meter sinken könne. Es sei zu befürchten, dass Bachläufe austrocknen und dass durch Bau und Betrieb der Autobahn Schadstoffe ins Grundwasser, in Flüsse und Seen gelangen.
Ein weiterer Aspekt ist die LNG-Pipeline von Brunsbüttel nach Hetlingen, die bei der Planung der A20 nicht berücksichtigt wurde. Die Autobahntrasse führt über die geplante Leitung, deren Durchmesser deutlich größer und der Druck des darin fließenden Gases um ein vielfaches höher sein wird als in anderen-Pipelines, die die geplante Autobahn kreuzen.
„Dies sind nur einige der Schwachpunkte, die wir in der Planung gefunden haben. Die DEGES muss hier dringend nachbessern. Mit dem aktuellen Konzept darf es keine Planfeststellung geben“, fasst Alexander Schwarzlose zusammen.
Kontakt für weitere Informationen:
Ole Eggers, BUND Landesgeschäftsführer, 0178 6350719, ole.eggers(at)bund-sh.de
Alexander Schwarzlose, Landesvorsitzender NABU Schleswig-Holstein e.V., 04321 7572060, Alexander.Schwarzlose(at)nabu-sh.de
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