BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Mit den Nonnengänsen in Schleswig-Holstein leben

30. September 2022 | Landespolitik, Landwirtschaft, Lebensräume, Naturschutz, Wildnis, Stellungnahme

KIEL/BRÜSSEL. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH) fordert in einem Schreiben an den EU-Kommissar Sinkevičius, die Nonnengans weiterhin als geschützte Art anzuerkennen. Der BUND reagiert damit auf einen Antrag der Landesregierung bei der EU, der auf die Aufnahme der Art in das Jagdrecht zielt. Nach Ansicht des BUND SH verfehlt dieser Antrag sein Ziel und schlägt einen anderen Lösungsansatz vor.

Nonnengänse Gänse in Dithmarschen  (K. Lensch)

Der Kompromiss – die Einrichtung von Duldungs- und Vertreibungsgebieten, sogenannte „Go- und NoGo-Areas“ – ist naturverträglich und wird bereits praktiziert:  Ein Beispiel ist das vom Umweltministerium finanzierte Pilotprojekt „Erweiterter Gemeinschaftlicher Wiesenvogelschutz“ auf Föhr und Pellworm. Teilnehmende Landwirt*innen erhalten auskömmliche Ausgleichszahlungen, wenn sie Gänse auf ihren Flächen dulden. Hier können die auch als Weißwangengans bezeichneten Tiere dringend benötigte Fettreserven aufbauen und vom Aussterben bedrohte Wiesenvögel wie Uferschnepfe, Kiebitz und Austernfischer gute Bruterfolge erzielen.
„In diesem Jahr haben auf Föhr so viele Landwirte mit so viel Flächen wie noch nie mitgemacht“, so Angela Ottmann vom BUND auf Föhr: „Schleswig-Holstein trägt eine große Verantwortung für den Wiesenvogelschutz. Wird der Schutzstatus der Weißwangengans aufgeweicht, wird das unsere Bemühungen zu einer Koexistenz von Landwirtschaft und Vogelschutz ad absurdum führen.“ 


Bereits heute dürfen Nonnengänse zur „Vergrämung“ geschossen werden. 2021 wurden aufgrund von Sondererlaubnissen in Schleswig-Holstein insgesamt 3.163 Nonnengänse erlegt. „Wenn mehr Nonnengänse abgeschossen werden dürfen, wird dies entweder zu einem Massaker führen oder die von den verbleibenden Gänsen angerichteten Schäden in der Landwirtschaft werden sich weiter steigern. Ein solcher Schritt ist für den Naturschutz und für die Landwirtschaft gleichermaßen kontraproduktiv“, so Carl-Heinz Christiansen, stellvertretender BUND-Landesvorsitzender. Im Koalitionsvertrag festgehalten sei hingegen ein wissenschaftlich fundiertes, bestandsorientiertes Gänsemanagement: Jahrelange Runde Tische, Projekte und Studien brächten jedoch nichts, wenn die Ergebnisse nicht berücksichtigt würden, so Christiansen weiter. 

Das Problem mit den Gänsen ist nicht neu: Das energiereiche monotone Intensivgrünland an der Westküste und den Inseln schmeckt sowohl Rindern als auch den durchziehenden Gänsen. Der Gänsefraß bedroht jedoch die Existenz einiger Landwirt*innen, wenn ihre Rinder auf den abgegrasten Flächen bis in den Juni hinein kaum Futter vorfinden. Die gewünschte Ausweitung der Jagden vergrößert jedoch die Probleme: Die Scheuchwirkung der Schüsse vertreibt auch geschützte Wiesenvögel bei der Brut sowie weitere vom Aussterben bedrohte Rastvogelarten. Wo die vertriebenen Gänse wieder landen, fressen sie umso mehr, um den zusätzlichen Kalorienverbrauch auszugleichen. Die von der Landesregierung beantragte Aufnahme ins Jagdrecht wird dem Problem also nicht gerecht.

Kontakt für weitere Informationen

Carl Heinz Christiansen
Stellvertretender Landesvorsitzender BUND SH 
Mail: carl-heinz.christiansen(at)bund-sh.de

Angela Ottmann   
BUND Inselgruppe Föhr-Amrum
Tel: 04681 7461720
Mail: info(at)bund-foehr.de 

Bini Schlamann
Referentin für Biodiversitäts- und Agrarpolitik
Tel. 0176 603 65 296
Mail: bini.schlamann(at)bund-sh.de 

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