Berlin. Die heute von den EU-Fischereiminister*innen beschlossenen Ostsee-Fangquoten für das kommende Jahr sind nicht vertretbar. Für den Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) steht die Entscheidung in klarem Widerspruch zum dramatischen Zustand der Fischpopulationen und zu geltendem europäischen Recht.
BUND-Vorsitzender Olaf Bandt: „Die Fangquoten für den zentralen und bottnischen Hering sind ein Fehler. Damit ignorieren die Fischereiminister*innen nicht nur den desaströsen Zustand der Populationen, sondern auch ihre eigenen Gesetze. Die gemeinsame Fischereipolitik und den Ostsee-Mehrjahresplan gibt es, damit in kritischen Fällen wie diesem Schutzmaßnahmen greifen und Fischpopulationen nicht weiter heruntergewirtschaftet werden. Es ist tragisch: Anstatt die kritischen Populationen zu schützen, werden die Fehler der Vergangenheit wiederholt.“
Aktuell sind fünf von zehn Fischpopulationen in der Ostsee zusammengebrochen. Sie sind unter den wissenschaftlich und rechtlich festgelegten Grenzwert gefallen, zu dem sie noch abgefischt werden dürfen. Die EU-Kommission hatte in Übereinstimmung mit dem Ostsee-Mehrjahresplan einen Fangstopp für diese fünf Populationen empfohlen. Die Fischereiminister*innen entschieden, dass östlicher Dorsch sowie Hering und Dorsch der westlichen Ostsee weiter nur als Beifang ins Netz gehen dürfen. Zentraler und bottnischer Hering dürfen dagegen weiter gezielt gefischt werden.
Fangquoten müssen Klima- und Biodiversitätskrise berücksichtigen
Bandt: „International, auf EU-Ebene und in Deutschland werden aktuell viele Ziele zum Schutz der Natur, der Artenvielfalt und des Klimas beschlossen. Die Fischereiminister*innen stehen nicht außerhalb dieser Verpflichtungen. Die Fangquoten und das gesamte Fischereimanagement müssen einen Beitrag zu diesen Zielen leisten, anstatt sie zunichte zu machen. Die Fischerei muss endlich zum Bestandteil eines ganzheitlichen Ökosystemansatzes werden.“
Die EU-Entscheidung über Fangquoten geht weit über die direkten Auswirkungen auf die befischte Population hinaus. Das betrifft insbesondere auch den Klimaschutz: Intakte marine Ökosysteme puffern die Auswirkungen der Klimakrise ab, in dem sie auf natürliche Weise Kohlstoff binden und speichern. Vor allem Sedimente am Meeresboden haben ein enormes Speicherpotenzial. Zerstörerische Fangmethoden wie die Grundschleppnetzfischerei gefährden diese natürlichen Kohlenstoff-Senken.
Bandt: „Die Fischpopulationen in der Ostsee brauchen eine echte Pause, um eine Chance auf Erholung und Anpassung an die sich rapide ändernden Umweltbedingungen zu haben. Bis sie sich erholt haben, müssen alle gemeinsam an einem sozialökologischen Strukturwandel der Fischerei arbeiten. Eine Stilllegung der konventionellen und industriellen Ostsee-Fischerei ist notwendig, denn die wenigen Fische, die noch gefangen werden können, müssen den Fischer*innen vorbehalten sein, die bereits engagiert daran arbeiten ihre Arbeit nachhaltig und umweltschonend zu gestalten. Die Zukunft gehört der Fischerei mit kreativen Ideen zur Diversifizierung und zur regionalen Wertschöpfung an der Küste.“
Mehr Informationen:
BUND Meeres-Website zur Fischereipolitik https://www.bund.net/meere/fischerei/fischereipolitik/
Kontakt:
Valeska Diemel, BUND-Expertin für Fischerei, Mobil: 0178 8101714, Valeska.Diemel@bund.net
Hrsg.: Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) e.V., Petra Kirberger (v.i.S.d.P.), Kaiserin-Augusta-Allee 5, 10553 Berlin
Pressekontakt Schleswig-Holstein:
Sina Clorius
sina.clorius@bund-sh.de
179 2630518