BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Argumente für Wildnis

Warum brauchen wir Wildnis - welche Synergien mit anderen Zielen ergeben sich?

Die konsequente, großflächige Einrichtung von Wildnisgebieten kann ein entscheidender Beitrag für eine Vielzahl gesetzlicher Ziele beziehungsweise gesellschaftlicher Bestrebungen sein. Hier seien nur einige Beispiele knapp angerissen.

Sieben Argumente für Wildnis

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Biologische Vielfalt

Rückzugsraum für gefährdete Arten, Garant für Biodiversität: Nur Wildnisgebiete sichern das Überleben von bedrohten Pflanzen, Tierarten und Mikroorganismen. Geschützt von menschlichem Zutun, können Arten in den wertvollen Schutzgebieten überlebensfähige Populationen ausbilden. Je größer und unzerschnittener die Wildnisgebiete, umso höher die Chance, dass auch die Raumansprüche besonders störungsempfindlicher Arten befriedigt werden. Wildnispotenzial gibt es aber schon im urbanen Raum: In Städten sollten Brachen und ehemalige Nutzflächen für eine natürliche Sukzession ausgewiesen werden. So würde lokale Wildnis zum Bestandteil der lokalen Grünausstattung.

Klimaschutz und natürliche Anpassung der Arten

Intakte Auen, Moore und gesunde Wälder betreiben Klimaschutz: sie reduzieren die atmosphärische Kohlendioxidkonzentration und bremsen durch Kühlung und Verdunstung die Folgen des Klimawandels. Zugleich bieten Wildnisgebiete den Arten Raum und Zeit, sich an die veränderte Klimasituation und den damit einhergehenden evolutionären Selektionsdruck anzupassen und natürliche Überlebensstrategien zu entwickeln. 

Hochwasserschutz

Wilde Auen, Bäche und Auwälder leben von Flüssen und ihren wechselnden Wasserpegeln. Sie sind ein natürlicher Hochwasserschutz und das ökologische Rückgrat unserer Landschaft. Viele Hochwasserschäden entstanden und entstehen erst als Folge von besiedelten Flussauen und einer wirtschaftlichen Landnutzung in natürlichen Überschwemmungsgebieten. In der Renaturierung von Flussauen und Fließgewässerökosystemen liegt die Chance, Natur-, Hochwasser und Gewässerschutz zusammenzuführen. 

Naturkapital

Wir vergessen leicht, dass der Mensch existentiell auf die Natur angewiesen ist. Aber das Kapital der Natur, die Ressourcen der Erde und ihrer Ökosysteme, sind begrenzt: Gesunde Böden, frisches Trinkwasser, saubere Luft. Nur eine nachhaltige Umwelt- und Klimapolitik garantiert, dass endliche Naturkapitalien auch zukünftigen Generationen erhalten bleiben. Wildnisgebiete bürgen für dieses Erbe. 

Erholung & Tourismus

Immer mehr Menschen leben in urbanisierten Räumen, aber auch das Interesse an einer intakten Natur steigt. Ökologischer und naturnaher Tourismus sind Wachstumsund Zukunftsbranchen mit starkem regionalökonomischem Potenzial. Kontrollierte zugängliche Wildnisgebiete bieten hier einzigartige Chancen als Naturerfahrungsund Erlebnisräume. Wildnis sensibilisiert für Natur in ihrer ursprünglichsten Form, ist Quelle für Ausgleich und Erholung. 

Bildung & Forschung

Wo Natur sich selbst überlassen und nicht “kultürlich” wird, ist sie für Forschung und Wissenschaft am wertvollsten. Unberührte Wildnisgebiete speichern den Artenreichtum und das gesamte Spektrum der Ökosystemleistungen - deren Zusammenhänge und Funktionen noch nicht restlos bekannt sind. Daher ist Wildnis eine vielfältige Wissensressource gerade auch für Zukunftskonzepte der Landwirtschaft und des Naturschutzes. 

Gerechtigkeit

Die Einrichtung und Ausweitung von Wildnisgebieten ist eine gemeinschaftliche Herausforderung, nicht nur in Deutschland, auch international. Tatsächlich ist der vorhandene Wildnisgebietsanteil in Deutschland jedoch deutlich geringer als in vielen anderen Ländern. Gerechtigkeit, Fairness und Glaubwürdigkeit im Rahmen europäischer Zusammenarbeit gebieten es, dass Deutschland seine Schutzgebiete ausdehnt. Nur so kann Deutschland als wohlhabendes Land seiner Verantwortung für folgende Generationen nachkommen und natürliche Lebensgrundlagen langfristig erhalten. 

Werden Wildnisgebiete der Öffentlichkeit entzogen?

Die Bevölkerung muss mit einer zielgruppengerechten Öffentlichkeitsarbeit über den Sinn und die Vorteile der Wildnisgebiete informiert werden. Die Anlieger sind in den gesamten Prozess der Ausweisung frühzeitig einzubinden.

Die Gebiete sollen in geeigneter Weise für die Öffentlichkeit erlebbar gemacht werden, um die Wertschätzung wilder, unberührter Natur zu fördern. Der Schutzzweck des Gebietes als Voraussetzung für derartige Möglichkeiten darf dabei nicht eingeschränkt werden.

Dementsprechend kann ein freier Zugang nur in ausreichend großen Gebieten ermöglicht werden und darf nur zu Fuß erfolgen. Ob sich ausreichend große Gebiete auch in Schleswig-Holstein finden lassen, sei zum gegenwärtigen Zeitpunkt dahingestellt. In kleineren Gebieten können kontrollierbare Wege eingerichtet (zum Beispiel Bohlenstiegen) beziehungsweise Zutritt nur in Begleitung von ausgebildeten Führern zugelassen werden.  In jedem Fall muss der Impakt solcher Betretungen zeitnah evaluiert und notfalls eingeschränkt werden. Fahrzeugverkehr – motorisierter wie nicht motorisierter – darf nicht zugelassen werden, es sei denn als Ausnahme zum Zwecke der Personenrettung.

Solche Betretungsmöglichkeiten sind in lokale Konzepte zu einem naturverträglichen Tourismus einzubetten. Auch neue Verdienstmöglichkeiten für bisherige Landnutzer sind in diesem Zusammenhang zu prüfen und gegebenenfalls zu fördern.

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