BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Moorböden jetzt wiedervernässen - Ein Standpunkt des BUND SH

Der Zustand der Moorböden in Schleswig-Holstein ist schlecht. Deshalb hat der BUND Landesverband Schleswig-Holstein einen Forderungskatalog zu Moorböden veröffentlicht.

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Wir fordern mehr Moor und zeigen Wege dahin auf

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1. Die natürlichen Verhältnisse aller renaturierbaren Moorböden in Schleswig-Holstein sind bis 2040 wiederherzustellen.

Intakte Moore sollen wieder zu einem prägenden Bestandteil der Landschaft Schleswig-Holsteins entwickelt werden.

2. Treibhausgasemissionen aus Moorböden drastisch reduzieren.

Um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen, muss Schleswig-Holstein anteilig 2,8 Millionen Tonnen Kohlenstoffdioxidäquivalent pro Jahr (CO2Äq/a) bis 2030 einsparen. Das entspricht 55 Prozent der jährlichen Emissionen organischer Böden, die insgesamt etwa 4,6 Millionen Tonnen CO2Äq/a betragen.
Um die Klimaschutzziele der Landwirtschaft in Schleswig-Holstein zu erreichen, fordern wir jährlich mindestens 8.000 Hektar wiederzuvernässen. Die Gesamtfläche des Landes sind rund 1,58 Millionen Hektar, davon sind schätzungsweise 17.500 Hektar naturnahes Moor. Mit einer Wiedervernässung in dieser Größenordnung könnten wir 1,28 Millionen Tonnen CO2Äq/a bis 2030 einsparen und hätten eine zusätzlich vernässte Moorfläche von etwa 64.000 Hektar, einem Drittel der gesamten möglichen Moorbodenfläche.

3. Ackerbau auf Moorbodenstandorten schnellstens unterbinden.

Ackerbau auf Moorböden ist gesellschaftlich und volkswirtschaftlich nicht tragfähig. Eine ackerbauliche Nutzung auf Moorbodenflächen ist extrem klimaschädlich, zerstört die Böden und ist nur durch tiefe Entwässerung möglich. Rund 20 Prozent der organischen Böden werden ackerbaulich genutzt, das entspricht einer Fläche von etwa 35.000 Hektar. Mit unserer Forderung lehnen wir uns an die entsprechende Forderung des BUND Bundesverbands an. Dazu muss die Landesregierung eine entsprechende Verordnung erlassen.

4. Noch mehr Flächen zügig sichern.

Die Raumordnungsplanung und alle Ebenen der Landschaftsplanung müssen zügig Flächen für den biologischen Klimaschutz – und damit im Wesentlichen Moorflächen – ausweisen. Die Flurbereinigung hat bereits erkannt, dass ihre Instrumente auch für naturschutzfachliche Ziele wirkungsvoll eingesetzt werden können. Folgende Maßnahmen schlagen wir vor:

  • In der Raumordnungsplanung und in allen Ebenen der Landschaftsplanung sind organische Böden grundsätzlich als „Klima-Vorranggebiete“ festzulegen.
  • Weitere Flächen sind zum Ziel der Wiedervernässung anzukaufen. Das gesetzliche Vorkaufsrecht ist bei Flächen mit Relevanz für Klimaschutz konsequent anzuwenden und darf nicht flächenmäßig gedeckelt sein. Die Flächenkulisse muss auf alle Moorböden erweitert werden.
  • Um Moorflächen arrondieren zu können, sind die erforderlichen Finanz- und Rechtsmittel zu schaffen, zu optimieren und zügig einzusetzen.
  • Insbesondere bei Sperrflächen, die einer Wiedervernässung größerer Gebiete entgegenstehen, sind Instrumente der zügigen Durchsetzung zu nutzen und zu entwickeln. So ist etwa der §48 des Landesnaturschutz-Gesetzes um Maßnahmen des Klimaschutzes zu erweitern.
  • Wegen ihrer überragenden öffentlichen Bedeutung sind im Rahmen der Genehmigung und Planfeststellung wasserrechtlicher Begleitmaßnahmen Planungsbeschleunigungen vorrangig und zügig umzusetzen.
  • Zur zeitnahen Wiedervernässung größerer Gebietseinheiten sind geeignete Maßnahmen der Flächensicherung zu forcieren. Darunter fallen zum Beispiel eine vergütete grundbuchliche Sicherung der Maßnahmen, die Flurbereinigung und die Einrichtung von Flächentausch-Börsen in landwirtschaftlicher Regie. Dabei können beispielsweise die Landgesellschaft und andere unterstützende Strukturen einbezogen werden.
  • Aktuell in der Experimentierphase befindliche Modelle wie „Klimaschutzpunkte“ und andere müssen umgehend evaluiert und weiterentwickelt werden.
  • Die Errichtung von Photovoltaik (PV) Anlagen auf Hochmoorstandorten scheidet grundsätzlich aus. Für degenerierte Moorböden ist prinzipiell fachlich und sorgfältig abzusichern, dass durch PV-Installationen die Effizienz des biologischen Klimaschutzes nicht gefährdet wird. Angesichts der Vielzahl PV-geeigneter Flächen hat die PV-Installation auf Moorböden keine Priorität.
5. Umsetzungen müssen endlich verbindlich sein.

Um die beim Moorschutz gesetzten politischen Ziele zu erreichen, wird es nicht ausreichen, sich nur auf Freiwilligkeit von Eigentümer*innen und Bewirtschafter*innen zu verlassen. Es ist dringend erforderlich, Maßnahmenkonzepte mit klaren Zeitvorgaben zu entwickeln und deren Umsetzung zu überwachen. Dies gibt auch den landwirtschaftlichen
Betrieben die benötigte Planungssicherheit.

Folgende Maßnahmen schlagen wir vor:

  • Die Biodiversitätsstrategie ist zügig umzusetzen und die notwendigen Sach- und Personalmittel sind bereitzustellen. Besonders wirksame Maßnahmen sind zu identifizieren und herauszustellen.
  • Das Programm biologischer Klimaschutz reicht nicht aus, um die im Koalitionsvertrag genannten Ziele zu erreichen. Hier muss nachjustiert und mit einem neuen und ambitionierteren Programm aufgesattelt werden.
  • Zusätzliche jährliche Finanzmittel für die Wiedervernässung müssen im Landeshaushalt bereitgestellt werden. Angesichts der erforderlichen Größenordnung sind geeignete Finanzierungsinstrumente zu entwickeln.
  • Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie Möglichkeiten der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) müssen genutzt werden, um Programme zu ergänzen und zu erweitern.
  • Auf Bundes- und EU-Ebene ist dringend darauf hinzuwirken, die naturwissenschaftliche Forschung zum Moorbodenschutz finanziell zu verstärken.
  • Im Dialogprozess „Zukunft der Landwirtschaft“ muss der Moorbodenschutz prioritär behandelt werden.
  • Produkte aus abgetorften Moorböden sind durch klimafreundliche Alternativen zu ersetzen.
  • Es dürfen nur Produkte mit klimafreundlich hergestelltem Torf gehandelt werden.
6. Förderprogramme anpassen.

Wenn die Bewirtschaftung der entsprechenden Flächen umgebaut wird, müssen in diesem Rahmen auch die Ökosystemdienstleistungen auskömmlich honoriert werden. Notwendig ist ein systematischer und zügiger Abbau aller Förderungen und Subventionen, die den gesellschaftlichen Zielen des Klima- und Biodiversitätsschutzes entgegenstehen.

Themen wie Biodiversität, Klima- und Bodenschutz, nachhaltiges Wasserregime im Naturhaushalt, der Ausbau der Naturlandschaft und ihre nachhaltige Nutzung müssen in den Fördermittelkulissen prioritär verzahnt und integriert werden.

Folgende Maßnahmen schlagen wir vor:

  • Systematischer und zügiger Abbau aller Förderungen und Subventionen in den nächsten zehn Jahren, die den gesellschaftlichen Zielen des Klima- und Biodiversitätsschutzes entgegenstehen. Gemäß Umweltbundesamt sind dies bundesweit für den Sektor Land- und Forstwirtschaft sowie Fischerei mindestens jährlich sechs Milliarden Euro.
  • Förderungen müssen auf Grundlage naturwissenschaftlicher Fakten stehen.
  • Für den kommenden Förderzeitraum der „Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik“ (GAP) sind Förderprogramme zu entwickeln, die den Biodiversitäts- und Klimaschutzzielen entsprechen und gezielt den betroffenen landwirtschaftlichen Betrieben vor Ort zu Gute kommen.
  • Der Vertragsnaturschutz muss mit differenzierten Modellen weiterentwickelt und flexibilisiert werden, um Vernässungs- und Extensivierungsflächen zu erhalten, zu entwickeln und naturnah zu bewirtschaften.
  • Förderprogramme, die Paludikulturen auf geeigneten Flächen ermöglichen, sind zu ergänzen und auszubauen.
  • In der Strategie für die Zukunft der Niederungen bis 2100, die sich aktuell in der Entwicklung befindet, müssen die Aspekte des Moorbodenschutzes eine herausragende Bedeutung bekommen.
7. Mehr Wasser auf die Flächen.

Bei der Entwicklung von Programmen, Strategien und Maßnahmen, die den Landschaftswasserhaushalt beeinflussen, müssen die im Folgenden genannten Ziele Vorrang haben und implementiert werden. Vor Allem muss sich die Wasserrückhaltung in der Fläche verbessern und die organische Substanz in den Böden zumindest erhalten bleiben. Wir wollen, dass ein naturnahes Wasserregime auf allen Moorflächen hergestellt wird. Durch die Rückhaltung und Versickerung von Niederschlägen auf Moorböden kann Wassermangel in Trockenzeiten ausgeglichen, die Grundwasserneubildung erhöht und Starkregenabfluss (Überflutung) verhindert werden. Um die Wasserstände anzuheben, fordern wir, in Niedermoorgebieten die künstlichen Entwässerungssysteme und die begradigten Gewässer naturnah zurückzubauen.

Folgende Maßnahmen schlagen wir vor:

  • Aktive Entwässerung von organischen Böden umgehend einstellen.
  • Auf allen organischen Böden sind oberflächennahe Wasserstände wiederherzustellen.
  • Wasserwirtschaftliche Bauwerke müssen geeignet sein, die ökologischen Anforderungen des Moorwassermanagements zu gewährleisten.
  • Bei Renaturierung und Anhebung der Wasserstände müssen die Landwirt*innen einen angemessenen Ausgleich erhalten. Dieser muss auch die Schäden berücksichtigen, die bei Beibehaltung der bisherigen Bewirtschaftung mit starker Entwässerung an Boden, Biodiversität und Klimawirkung entstehen. In der Umstellungsphase auf eine naturnahe Bewirtschaftung sollte es eine klar geregelte, befristete finanzielle Unterstützung für Einkommenseinbußen geben.
8. Alle Hochmoorflächen prioritär wiedervernässen.

Wir wollen, dass sich auf allen Hochmoorstandorten torfbildende Moorlebensraumtypen entwickeln, so dass die Hochmoorstandorte wieder eine Funktion als CO2 Senke erfüllen können.

Folgende Maßnahme schlagen wir vor:

  •  Alle entwässerten Hochmoorböden sind bis 2030 wiederzuvernässen.
  • Jegliche wirtschaftliche Nutzung ist auf Hochmoorstandorten auf Landschaftspflege-Maßnahmen zu reduzieren.
9. Ökosystemdienstleistungen der Landwirtschaft auf Niedermoor-Standorten anerkennen.

Grundsätzlich muss eine Honorierung von Gemeinwohl- und Nachhaltigkeitsleistungen im Moorschutz für Landwirte verlässlich, gewährleistet und erstrebenswert sein. Die Anreizkomponenten zum Zweck des Moorschutzes müssen attraktiv sein. Eine moorschädliche Bewirtschaftung und Entwässerung ist dabei wirtschaftlich negativ zu berücksichtigen und sollte nach konsequenter Marktlogik Kosten verursachen.

Wir wollen eine naturnahe, klimaneutrale und extensive Bewirtschaftung von geeigneten Moorflächen bei hohen Wasserständen weiterhin ermöglichen. Um die Paludikultur zu etablieren, sind naturschutzfachlich ungeeignete Niedermoorflächen auszuweisen.

Dauergrünland auf geeigneten Flächen soll erhalten und wiederhergestellt werden. Auf geeigneten Niedermoor-Standorten darf ausschließlich extensive und/oder ökologische Grünlandwirtschaft bei hohen Wasserständen und Verzicht auf Umbruch, Düngung und Pestizide betrieben werden.

Dazu schlagen wir folgende Maßnahmen vor:

  • Eine umfassende individuelle Beratung und Hilfestellung bei der Fördermittelbeantragung und Betriebsumstellung muss ausgebaut werden.
  • Es sind ausreichende Anreize zu geben, damit die extensive Bewirtschaftung nasser Niedermoor-Standorte eine Einkommensalternative für Landwirt*innen sein kann – beispielsweise in der Entwicklung eines Berufszweigs „Moorklimawirt*in“.
  • Eine berufliche Qualifizierung für naturverträgliche Bewirtschaftungsformen und den Erhalt von Moorflächen muss für Landwirt*innen und Landschaftspfleger*innen ermöglicht und mit GAP-Mitteln subventioniert werden.
  • Die wissenschaftliche Forschung und ihr Transfer in die Anwendung für ein naturschutz- und klimaschutzgerechtes Moor-Management muss dringend verstärkt werden.
  • Eine verbindliche Best Practice Leitlinie für Landwirtschaft auf Moor-Standorten ist auf Basis naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zum Klimawandel und Biodiversitätsverlust zu entwickeln und zu definieren. Vorschläge zur Umsetzung gibt es bereits.
  • Klimapositive und biodiversitätssteigernde landwirtschaftliche Bewirtschaftungsformen müssen definiert, entwickelt und gefördert werden.
10. Moore bilden: mit Herz, Hand und Kopf.

Kenntnisse über Moorschutz und Erfahrungen in Moor-Lebensräumen sind wichtig, damit alle Schleswig-Holsteiner*innen die dringend notwendigen Maßnahmen langfristig verstehen und akzeptieren.

  • Grundlage hierfür können Bildungsinstrumente sein, die auf unterschiedliche Altersstufen und Nutzergruppen abgestimmt werden. Sie müssen zum großen Teil noch entwickelt werden.
  • Um entsprechende Lehrmittel und Unterrichtseinheiten extern beauftragen zu können und in den schulischen Fachanforderungen (ehemals Lehrpläne) zu verankern, sind Landesmittel zur Verfügung zu stellen. Das Thema Moor muss zudem sowohl in der beruflichen Ausbildung der Forst- und Landwirte als auch im Gartenbau und an geeigneten Stellen in der Hochschulausbildung Niederschlag finden.
  • Moorschutz ist als wichtiger Teil der Umweltbildung ein interdisziplinäres Querschnittsthema, das zukünftig eine deutlich größere Rolle im schulischen und außerschulischen Kanon der „Bildung für nachhaltige Entwicklung“ (BNE) spielen muss. Dafür wird auch eine großzügige personelle Aufstockung der „BNE-Agentur“ notwendig sein, um den wachsenden Aufgaben im Rahmen der Biodiversitäts- und Klimakrise zu begegnen.

Ihre Ansprechpartnerin

Bini Schlamann

Referentin für Agrar und Biodiversität
E-Mail schreiben Mobil: 0176 60365296

Ihr Ansprechpartner

Ole Eggers

Landesgeschäftsführung
E-Mail schreiben Tel.: 0431 66 060-60 Mobil: 0178 63 50 719

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