Der zunehmende Flächenverbrauch – also die Umwandlung von Natur- und Kulturlandschaften in Flächen für Wohnen, Gewerbe und Infrastruktur – bringt weitreichende Folgen mit sich.
Böden sind neben Luft und Wasser die wichtigste Lebensgrundlage und erfüllen vielfältige Aufgaben. Sie sind durch das Zusammenspiel aus Gestein, Luft, Wasser und Lebewesen über Jahrhunderte entstanden – einmal versiegelt, lässt sich die ursprüngliche Bodenqualität kaum wiederherstellen. Das hat besonders für das örtliche Klima tiefgreifende Auswirkungen. Gesunde Böden speichern Treibhausgase und helfen durch die Verdunstung von Wasser, die Luft abzukühlen. Asphalt und Beton heizen hingegen durch ihre dunklen, geschlossenen Oberflächen die Umgebung auf. Versiegelte Böden können Niederschläge nicht aufnehmen. Die zunehmenden Starkregen-Ereignisse überfordern deshalb die Kanalisationen und es kommt immer häufiger zu Überflutungen. Auch für unsere heimischen Wildtiere hat die Versiegelung tiefgreifende Auswirkungen. Lebensräume und Lebensgrundlagen verschwinden, Wanderrouten werden von Straßen zerschnitten und durch Siedlungsflächen unterbrochen. Hindernisse, die für viele Arten unüberwindbar sind.
Die Bundesregierung hat sich deshalb in ihrer Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie das Ziel gesetzt, den wachsenden Flächenverbrauch für Siedlung und Verkehr bis zum Jahr 2030 auf 30 Hektar (ha; entspricht 100 x 100 Metern) pro Tag zu senken. 2050 soll es einen Netto-Null-Flächenverbrauch geben. Noch liegt die Neuinanspruchnahme von Flächen mit 74,4 ha / Tag (2018) jedoch deutlich über dem Richtwert. Die Umwandlung von wertvollen Böden in Siedlungs- und Verkehrsfläche liegt 2018 in Schleswig-Holstein laut Statistikamt Nord bei 3,1 ha / Tag und damit 140% über den sich aus der Nationalen Nachhaltigkeitsstrategie ergebenden Zielwert von 1,3 ha / Tag und bildet damit die rote Laterne im Vergleich zu den anderen Bundesländern. Vor allem in ländlichen, häufig stagnierenden oder schrumpfenden Regionen ist der Zuwachs an verbrauchter Fläche besonders hoch.
Kern des Projektes „Weniger ist mehr – Versiegelung stoppen!“ ist die Entwicklung eines Handlungsleitfadens für die Kommunalvertreter*innen mit dem Schwerpunkt auf der Planung von Wohnungsbau in der Kommune. Der Leitfaden soll die meist ehrenamtlich tätigen Entscheidungsträger*innen über das Thema informieren und die Folgen der aktuellen Flächenpolitik auf Natur und Klima sowie die sozialen oder ökonomischen Auswirkungen der zunehmenden Flächeninanspruchnahme darzustellen.
Darüber hinaus sollen geeignete Instrumente präsentiert werden, um dem ungebremsten Flächenfraß zu begegnen und Beispiele aus der Praxis vorgestellt werden, die bereits einen oder mehrere dieser Ansätze erfolgreich erprobt haben.
Dieser Leitfaden wird aktuell an alle Mitglieder der zuständigen Ausschüsse in Schleswig-Holstein verschickt.
Der BUND-Landesverband fordert:
- Die Landesregierung möge endlich Verantwortung für den aus dem Ruder gelaufenen Flächenverbrauch übernehmen und diese nicht weiter den zumeist ehrenamtlich in den Bauausschüssen tätigen Kommunalvertreter*innen aufbürden.
- Die Zielvorgabe von 1,3 ha für 2030 sowie eine Evaluation von Zwischenschritten in der Fortschreibung des Landesentwicklungsplans verbindlich festzuschreiben.
- Die verbindliche Zuweisung gemeindespezifischer Flächenkontingente, vergleichbar der Verteilungen des kommunalen Finanzausgleiches sowie die Einrichtung eines Zertifikate-Handels zur fairen Verteilung von Flächen-Kontingenten der Kommunen unter Einbeziehung eines Vorteil-Lasten-Ausgleichs zwischen Stadt und Umland.
- Finanzielle und organisatorische Unterstützung für Kommunen aus Landesmitteln zum Klimaschutz, um deren nachhaltige Ansätze der Stadtentwicklung im Sinne der Flächeneinsparungen zu fördern.
- Um vorhandene und neue B-Pläne sowie Infrastrukturplanungen auf die Einhaltung von Flächenverbrauchsvorgaben ordnungsrechtlich zu prüfen, bedarf es einer besseren personellen Ausstattung der kommunalen Baubehörden. Diese sind ebenfalls aus Landesmitteln zum Klimaschutz zu finanzieren.
Pressekontakte:
Merlin Michaelis, Projektleiter Flächenverbrauch und Landesplanung BUND-SH
Tel. 0431-660 60 10, Mobil 01522 590 03 12, E-Mail merlin.michaelis@bund-sh.de
Ole Eggers, BUND-Landesgeschäftsführer
Tel. 0431-66060 60, Mobil 0178-635 07 19, E-Mail ole.eggers@bund-sh.de