BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Mobilitätswende nicht nur als Antriebswende verstehen

Dr. Peter Löffler erläutert die BUND-Forderung

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Fragen an die Politiker*innen:

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Sollten Sie oder Ihre Partei in den Landtag gewählt werden:

Was werden Sie tun, um die für die Mobilität benötigten Ressourcen für Fahrzeuge, Verkehrswege und Fortbewegung (Rohstoffe, Energie, Raum) zu verringern?

Worin bestehen aus Ihrer Sicht die Unterschiede zwischen einer Mobilitätswende und einer Antriebswende?

Hintergrund:

Auch der Verkehrssektor muss dazu beitragen, dass die planetaren Grenzen eingehalten werden. PKW und LKW verschwenden weit mehr Energie, Platz und Ressourcen als Bus und Bahn. Die Nachteile können durch eine reine Antriebswende nicht gelöst werden. Bei dem bisherigen Verbrauch werden wir das errechnete CO2-Restbudget, um das Pariser 1,5°-Ziel einzuhalten, schon in der nächsten Legislaturperiode erreichen. Wir müssen unsere Lebensweise also schnell und fundamental verändern.

Platz

Wachsender Verkehr beansprucht Raum und beeinträchtigt die Lebensqualität. PKW benötigen bei gleicher Menge an Fahrgästen viel mehr Raum als Zug, Bus und Fahrrad. Ein weiterer Ausbau des Straßennetzes ist keinesfalls tragbar.

Straßen versiegeln Naturraum und zerschneiden Lebensräume. Dadurch wird der Verlust an Biodiversität befeuert und fruchtbarer Boden geht verloren. Wasser kann nicht mehr versickern. Offenporiger, wasserdurchlässiger Asphalt (WDA) oder sogenannter „haufwerksporiger“ Beton kann dies bei Radwegen zumindest teilweise reduzieren. Auch öffentliche (Park-)Plätze, Fußwege, Parkraum und andere, nicht hohen Belastungen ausgesetzte, Verkehrsflächen können und sollten entsprechend entsiegelt werden.

Energie

Ein PKW verbraucht die dreifache Energiemenge wie Bus und Bahn. Ein LKW benötigt im Vergleich zur Bahn fünfmal mehr Energie für dieselbe Frachtmenge. Daher wird bei einer reinen Antriebswende wesentlich mehr Elektrizität, Wasserstoff oder synthetisch hergestellte Brennstoffe aus erneuerbarer Energie benötigen. Wir tun uns schon jetzt schwer, genug Kapazitäten für eine reine Energiewende zu schaffen. Eine echte Mobilitätswende hin zu Bus, Bahn, Rad und Fußverkehr ist deshalb auch unter dem Aspekt des Energiebedarfs notwendig.

Rohstoffe

Schienenfahrzeuge halten wesentlich länger als Straßenfahrzeuge: Ein ICE muss nach 1,2 Millionen Kilometern (!) zur ersten großen Wartung. Der PKW ist dann längst in der Schrottpresse. Autos werden immer komplexer und bestehen aus immer mehr verschiedenen Materialien. Daher nimmt der Bedarf an seltenen und problematischen Rohstoffen zu. Gleichzeitig nimmt die Recycling-Fähigkeit weiter ab. Weltweit werden auch für den Straßenbau benötigte Materialien wie Bausand und Kies knapp und oft im Raubbau gewonnen.

Eine Mobilitätswende bedeutet:

  • Nachhaltige Reduktion
    • der CO2- und Methangas-Emissionen
    • der Flächenversiegelung und des Platzbedarfs für Verkehrsflächen
    • von Straßen, Verkehr, Stau, Lärm und Autos in den Städten

  • Schutz der Biodiversität
  • Verlagerung von Kfz-Verkehr zum Umweltverbund aus Zug, Bus, Rad und Fußverkehr sowie anderen Verkehrsmitteln

Wie stehen Sie zu einem Mobilitätswendegesetz, das darauf zielt, den sogenannten „Modal Split“ – die Verkehrsmittelverteilung – hin zum Umweltverbund zu verändern und die Notwendigkeit zu motorisiertem Verkehr zu verringern?

Hintergrund

Für eine echte Mobilitätswende sind unter anderem folgende Anreize nötig:

  • Sanierung und Ausbau von Fuß- und Radwegen sowie des Schienennetzes mit Elektrifizierung von Bahnstrecken
  • Verbesserung der Busverbindungen, Taktverdichtung bei Bus und Bahn, Abstimmung von Fahrplänen mit anderen Verkehrsträgern
  • Fahrpreissenkungen und attraktive Preise auch bei Abo- und Verbundtickets
  • Vernetzung an neuen Mobilitätsstationen
  • Bündelung verschiedener Mobilitätsangebote in einer App

Notwendig ist ebenfalls eine sinkende Attraktivität des eigenen Autos durch veränderte Rahmenbedingungen für den motorisierten Individualverkehr:

  • Verringerung von Parkraum und konsequente Parkraumbewirtschaftung
  • Schaffung autofreier oder zugangsbeschränkter Zonen
  • Fahr- und Parkspuren in Rad- und Busspuren wandeln oder anders nutzen (etwa für Gastronomie)

Die Verkehrswende erfordert in Städten andere Maßnahmen als auf dem Land, wo oft weitere Wege zurückzulegen sind. Dort kann der ÖPNV zwar verbessert, aber nicht so engmaschig geknüpft werden. Die Nutzung des Umweltverbunds ist daher oft eingeschränkt. Kreative Lösungen wie Rufbus-Systeme, Carsharing-Angebote, Radschnellwege, Mitfahrbänke sind dort gefragt.

Werden Sie sich dafür einsetzen, dass die Neubauprojekte A20 und A21 gestoppt werden? Falls die Autobahnen doch gebaut werden sollten: Was werden Sie tun, um die damit einhergehenden CO2-Emissionen anderweitig einzusparen und den Flächenverbrauch zu kompensieren?

Hintergrund:

Mit Unterstützung des Landes sollen neue Autobahnen gebaut werden, die für mehr Autoverkehr sorgen werden, zusätzliche Flächen versiegeln, kontraproduktiv auf den Klimaschutz wirken und viele Ressourcen binden. Alleine der Bau der geplanten A20 zwischen Bad Segeberg und der Elbe bei Glückstadt würde, besonders durch die Zerstörung von Moorböden, etwa 90 Millionen Tonnen CO2 freisetzen. Das sind sechs Prozent unseres Restbudgets für Treibhausgas in Schleswig-Holstein. Große Mengen Sand, Kies und Beton müssen verbaut werden. Wälder, Moore und Äcker verschwinden unter Asphalt und werden durch eine für Tiere und Pflanzen oft unüberwindbare Barriere zerschnitten.

Die Ressource Fläche ist knapp und deren Versiegelung muss begrenzt werden. Schleswig-Holstein hat sich als Ziel gesetzt, nicht mehr als 1,3 Hektar pro Tag zu verbrauchen. Der Bau der A20 nähme alleine in Schleswig-Holstein etwa 500 Hektar in Anspruch. Das entspricht mehr als einem Jahreskontingent des für das ganze Land zugelassenen Flächenverbrauch bis 2030.

 

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