BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Autokorrektur

04. Dezember 2019 | Mobilität, Landespolitik

In immer mehr Städten gibt es Versuche, Autos aus Innenstädten oder Stadtvierteln herauszuholen. Zum Beispiel im Hamburger Rathausviertel und (noch bis Februar 2020 laufend) in Ottensen. Auch in Lübeck begehrten Bürger*innen in einem Beteiligungsverfahren mehrheitlich eine weitgehend autofreie Innenstadt. Dieser Wunsch floss 2019 in das Lübecker Mobilitätskonzept ein. In weiteren Städten im In- und Ausland gibt es ähnliche Entwicklungen. Selbst in autogerechten Städten wie Los Angeles hat ein Umdenken eingesetzt.

In Lübeck werden zukünftig (auf bestimmten Straßen) weniger Autos rollen, so dass Menschen wieder mehr Freiraum erhalten. Das Projekt ist erst einmal für eine einjährige Testphase angesetzt.

Wenn man vieles mit dem Auto erreichen will, ändert sich die Infrastruktur dahin, dass man auch vieles mit dem Auto erledigen MUSS. Für viele Menschen ist das Auto nach wie vor ein Mittel der Mobilität, das ganz selbstverständlich jeden Tag eingesetzt wird. Die Gesellschaft hat sich an die Bedürfnisse des Autos angepasst.

In der Stadt

Der Autobesitz insbesondere in größeren Städten nimmt stetig ab. In manchen Stadtteilen besitzen nur noch lediglich 20 Prozent der Einwohner*innen ein Auto. Viele jüngere Menschen in Städten und Metropolregionen machen heutzutage gar keinen Führerschein mehr. Dort hat man heute oft die Wahl: Gehe ich zu Fuß, nehme ein Leihrad, den Bus, die S-oder U- … oder doch das eigene Auto. In Ottensen sorgte der plötzlich vorhandene Freiraum für Verwirrung: Die Straßen wirkten auf manche „wie ausgestorben“ ohne den täglichen Parkraumsuchverkehr. Davon abgesehen wurden die Erfahrungen in Hamburg zum Großteil positiv bewertet - auch von Gewerbetreibenden. Eine Wiederholung bzw. Ausweitung ist daher angedacht.

Die Einschränkung des Raumes für das Auto ermöglicht perspektivisch die Neuaufteilung z.B. für Naherholung, Wohnraum, Straßengrün, Gewerbe oder Anderes. Bei der heutigen Wohnraumknappheit und steigenden Mieten verspricht dieser aktuelle Trend die Lösung vieler aktueller Probleme.

Auf dem Land

Die Folgen der Verbreitung des Autos auf dem Lande waren nicht zuletzt auch das konkurrenzbedingte Sterben von Dorfläden. Auf dem Lande sind die Wege meist länger weil Leben und Arbeit häufig weiter auseinanderliegen. Die nutzbaren Einkommen sind zwar durchschnittlich höher weil die die Mieten niedriger sind. Dafür sind die Mobilitätskosten aber durch die größeren Entfernungen höher. Die Herausforderungen für eine befriedigende und nachhaltige Mobilität sind auf dem Lande aufgrund der Weitläufigkeit und geringeren Einwohnerdichte weitaus schwieriger. Da die Bevölkerungsentwicklung in vielen Regionen rückläufig ist, bedarf es auch bei anderen Infrastrukturen neuer Überlegungen, wie z.B. bei Schulen oder Kindertageseinrichtungen. Der Wohnort ist nicht alternativlos, sondern kann durchaus so gewählt werden, dass er in einer größeren Nähe zum Arbeitsplatz liegt. Natürlich kann auch seitens des Nahverkehrs noch vieles verbessert werden, z.B. mit neuen Mobilitätsformen. Denn ein besseres Angebot ermöglicht überhaupt erst viele Wege. Aus Kostengründen wurden viele Bahn- und Busverbindungen in den letzten Jahrzehnten ausgedünnt und vernachlässigt, so dass die Nahverkehrsinfrastruktur heute andere als attraktiver ist. Das vermeintlich eingesparte Geld floss zu oft bevorzugt in neue Autostraßen.

Ausblick

Die Mobilitätswende wird nicht schnell abgeschlossen sein. Aber sie hat bereits angefangen. Und es ist auch mit gezielten Maßnahmen und besserer finanzieller Ausstattung morgen schon möglich ihr eine größere Dynamik zu verleihen um selbst ehrgeizige Ziele zur Reduzierung der Treibhausgase zu erreichen. Es braucht dazu aber nach wie vor auch den Druck von Unten. Zum Beispiel Bürger*innen, die von ihren Gemeinden einen funktionierenden ÖPNV und eine gute Radverkehrspolitik einfordern. Die Nachfrage fängt daher schon an, bevor der erste Bus fährt.

Kontakt

Wenn Sie Fragen zum Thema Mobilität haben, wenden Sie sich bitte an die BUND Schleswig-Holstein Mobilitätsreferentin unter:

Kirsten Kock

kirsten.kock(at)bund-sh.de

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