LNG-Frachter im Hafen von Rotterdamm. Bald auch in Brunsbüttel?
(kees torn
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Kiel/ Brunsbüttel. Das bundeseigene Unternehmen Deutsche Energy Terminal GmbH (DET) plant seit einigen Jahren einen weiteren Anleger zur Entladung von Flüssigerd-gas-Schiffen (LNG-Schiffen) in Brunsbüttel, den sogenannten West-Jetty. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein e. V. (BUND SH) und andere Umweltorganisationen hatten bereits 2023 darauf hingewiesen, dass die dafür notwendigen, 17 Meter tiefen Ausbaggerungen vermutlich hoch belastete Sedimente zu Tage fördern würden, die noch Giftstoffe aus Ostblock-Zeiten enthalten.
Im Rahmen des aktuell laufenden Planfeststellungsbeschlusses wurde ersichtlich, dass die Baggerungen auf Antrag der Elbehafen Energy Port & Logistics GmbH, einer Tochterfirma der Brunsbüttel Ports GmbH, bereits im Winter 2023/24 stattgefunden haben. Das Verbringen der gigantischen Menge von 260.000 Tonnen Trockensub-stanz, umgerechnet etwa 36.000 Kieslasterladungen, zur Tonne E3 vor Helgoland wurden vom Amt für Planfeststellung Verkehr (APV) im Wirtschaftsministerium Schleswig-Holstein und vom Umweltministerium in Kiel als Vorwegzulassung im Oktober 2023 genehmigt. Die Voruntersuchungen seien unauffällig gewesen, so das Ministerium für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur Schleswig-Holstein (MEKUN).
Zur Tonne E3 werden regelmäßig unbelastete, sandige Sedimente aus der laufenden Elbvertiefung verbracht. Hierfür gibt es ein öffentlich einsehbares, eingespieltes Monitoringverfahren, bei dem vor, während und nach der Verklappung Proben entnommen werden. Innerhalb von drei Monaten liegen für jede einzelne Maßnahme die Messdaten vor.
Nicht so bei diesem Projekt: Anderthalb Jahre nach der Verklappung liegen offiziell immer noch keine Proben-Ergebnisse vor. „Hinter vorgehaltener Hand hören wir von eklatanten Überschreitungen der Grenzwerte für Schwermetalle und giftige organische Kohlenwasserstoffe“, weiß Ole Eggers, Geschäftsführer des BUND SH und fragt: „Warum bekommt die Öffentlichkeit nach so langer Zeit keine Informationen über die Auswertung der Sedimentproben?“
Im Planfeststellungsverfahren des West-Jetties kommt ein Gutachten zur Baggergut-Entnahme und -Verbringung zu dem Schluss, dass das Material deutlich höher mit Schadstoffen belastet ist als Sedimente im Küstennahbereich. Die Grenzwerte der Ersatzbaustoffverordnung, die für Bodenproben obligatorisch sind, werden überschritten.
Marina Quoirin-Nebel, Vorstandsmitglied des BUND SH, stellt sich die Frage, wie viele Tonnen Schlick tatsächlich ausgebaggert und wieder versenkt wurden, denn die Mengenangaben variieren zwischen APV und MEKUN erheblich. Auch gibt es Hinweise, dass Sedimente vor der Verklappung vermischt wurden.
Dr. Reinhard Knof, Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager, sieht auch ein Problem in einer zusätzlichen Nährstoffbelastung der Nordsee durch das Baggergut. Anders als beim Sand aus der Elbvertiefung lagert sich am ruhigeren Fahrwasserrand vor allem Schlick ab, der nicht nur Schadstoffe, sondern auch hohe Anteile an organischer Substanz mit Phosphaten und Stickstoff bindet. Auch wenn kein direkter Zusammenhang nachgewiesen werden kann, fragt sich der promovierte Chemiker, ob die Verklappung gigantischer Mengen organischer Substanz zu einer Überdüngung und damit zu der auffälligen Algenblüte im Nationalpark Wattenmeer im August 2024 geführt hat. In der Nordsee herrscht aufgrund des Klimawandels eine um 2 Grad Celsius erhöhte Wassertemperatur. Dies beschleunigt das Algenwachstum ebenso wie die Überdüngung. Der Abbau abgestorbener Algen führt zu sauerstofffreien Zonen am Meeresboden, so genannten Todeszonen. Sie sind ein häufiger Grund für Fischsterben, so Knof. Algenteppiche sind nicht nur eine Gefahr für die marinen Populationen, sie sind auch unschön für badende Gäste und damit für den Tourismus, einem wichtigen Standbein für die Wirtschaft in Schleswig-Holstein. Sollte sich ein Zusammenhang zwischen der Verklappung und der Algenblüte erweisen, ist das zudem als Straftatbestand eines Eingriffs in den Nationalpark zu bewerten.
Kontakt für weitere Informationen
Ole Eggers
Landesgeschäftsführer BUND SH
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ole.eggers(at)bund-sh.de
Dr. Reinhard Knof
Vorsitzender der Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager e.V.
0162 1389223
reinhard_knof(at)hotmail.com
Pressekontakt
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