BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Lichtverschmutzung gefährdet den Schmetterling des Jahres 2021

12. November 2020 | Schmetterlinge, Stadtnatur, BUND-Akademie

Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) hat zusammen mit der Naturschutzstiftung des nordrhein-westfälischen BUND-Landesverbandes den Braunen Bären (Arctia caja) zum Schmetterling des Jahres 2021 gekürt. Mit der Wahl dieses überaus hübschen Nachtfalters möchten die Naturschutzverbände auf die negativen Folgen der weiter zunehmenden künstlichen Beleuchtung hinweisen. Neben der Lichtverschmutzung sind auch die Intensivierung der Landwirtschaft, der Wegfall von Hecken und Feldgehölzen sowie der Flächenverbrauch Ursachen für den Rückgang der Art.

Der braune Bär (Arctia caja)

In Schleswig-Holstein sowie bundesweit sind die Bestände des Braunen Bären rückläufig. Dafür ist vor allem auch die Lichtverschmutzung verantwortlich. „Ständige nächtliche Beleuchtung wie Leuchtreklame oder Gebäudebeleuchtung zieht Nachtfalter, die sich normalerweise bei schwachem Mond- oder Sternenlicht orientieren, in großen Zahlen an. Geblendet umkreisen sie die Lichtquelle stundenlang und verlieren dadurch Kraft und Lebenszeit oder werden unnötig leichte Beute für Fledermäuse oder Vögel“, so Rainer Borcherding vom BUND Schleswig-Holstein. „Besonders das grelle blau-weiße Licht von Straßen- oder Industriebeleuchtung blendet die Tiere stark. Diese Lampen sollten daher zeitweise ausgeschaltet oder durch weniger schädliche Lampen ersetzt werden, die gelblicheres Licht abstrahlen“, so der Insektenkundler des Naturschutzverbandes weiter.

Der Braue Bär ist mit bis zu 65 Millimetern Spannweite einer der größeren Nachtfalter in Deutschland. Die Vorderflügel sind dunkelbraun mit einem groben weißen Netzmuster. Damit sind die Falter im Gewirr von Ästen mit Licht und Schatten hervorragend getarnt, während sie tagsüber rasten. Die Hinterflügel sind dagegen leuchtend rot mit runden blauschwarzen Punkten. Durch ruckartiges Spreizen seiner Flügel zeigt der Falter bei Gefahr diese grell gefärbten Hinterflügel und kann Vögel erschrecken, um selbst zu entkommen. Die auffälligen Hinterflügel warnen zugleich vor der Ungenießbarkeit des Schmetterlings, denn die Körperflüssigkeit der Falter enthält giftige Stoffe.

Der Braune Bär kommt in den gemäßigten Zonen Europas, Asiens und Nordamerikas vor. Zu seinen Besiedlungsgebieten zählen lichte Wälder, Gebüsche, Wiesen und Heiden, aber auch naturnahe Gärten. Die Schmetterlinge fliegen im Hochsommer bei Nacht und nehmen keine Nahrung auf. Sie leben daher nur für 2 - 3 Wochen. Die Raupen sind in der Lage, sich von unterschiedlichsten Pflanzen wie Löwenzahn und Wegerich zu ernähren und überwintern am Boden. Die Art hat ihren Namen von dem dichten brauen Pelz,  der die Raupen vor hungrigen Vögeln und Ameisen schützt und der der ganzen Familie dieser Nachtfalter den Namen „Bärenspinner“ eingebracht hat.

 

Steckbrief des Braunen Bären

  • Systematik: Der Braune Bär Arctia caja ist ein Nachtfalter aus der Familie der Erebidae. Diese besteht aus einigen Unterfamilien, darunter der Unterfamilie der Arctiinae, der Bärenspinner, kurz Bären. Die Bezeichnung „Bär“ erklärt sich mit Blick auf ihre stark behaarten Raupen. Wenn Bärenraupen gestört werden, weisen einige Arten eine tapsige, an die Bären erinnernde Fortbewegungsweise auf. Auch die Gattungsbezeichnung Arctia geht auf das griechische Wort arktos für Bär zurück.
  • Lebensraum: Ökologische Vielfalt ist eine Hauptanforderung des Braunen Bären an seinen Lebensraum, er bevorzugt dabei strukturreiche, feuchte und kühle Habitate: im Wald etwa Wege und Schneisen, Binnen- und Außensäume, Lichtungen und Kahlschläge, feuchte Waldwiesen. Doch auch das gebüschreiche Offenland wird bewohnt, etwa extensiv bewirtschaftete, gern feuchtere Wiesen, auch Moore, Magerrasen bis hin zu Dämmen, Ufern, Böschungen, sogar Kiesgruben und naturnahe Gärten.
  • Nahrung der Raupen: Die Raupen ernähren sich von unterschiedlichen Pflanzen, von Kräutern und Stauden bis zu Laubgehölzen. So wurden Raupen beispielsweise an Ampfer-Arten gefunden, an Löwenzahn und Brennesseln sowie an Mädesüß. Bei den Sträuchern sind Himbeeren und Brombeeren ebenso vertreten wie Weiden und Eichen sowie Eschen und noch viele andere.
  • Beschreibung Imagines: Die Falter zählen mit einer Flügelspannweite von bis zu 65 Millimetern zu den größeren Nachtfaltern in Deutschland. Die Oberseite der Vorderflügel ist dunkelbraun mit einem großmaschigen weißen Muster. Die Hinterflügel dagegen sind leuchtend rot mit runden blauschwarz gefärbten Punkten. Mit zusammengelegten, braun-weißen Vorderflügeln sind die Falter im Gewirr von Ästen mit Licht und Schatten hervorragend getarnt, wenn sie tagsüber etwa an Baumstämmen rasten. Durch blitzschnelles Öffnen der Vorderflügel zeigen die Falter die roten Hinterflügel mit den dunklen „Augen“ und können so Fressfeinde wie Vögel erschrecken und selbst entkommen, aber auch an ihre Ungenießbarkeit erinnern, denn die Körperflüssigkeit der Falter enthält giftige Stoffe.
  • Nahrung der Imagines: Die Saugrüssel der Falter sind zurückgebildet, sie können keinen Nektar saugen.
  • Generationen: Der Braune Bär bildet eine Generation im Jahr mit Hauptflugzeit im Juli und August aus.
  • Lebenszyklus: Die Weibchen legen die Eier auf der Unterseite von Blättern ab, und zwar in kleineren oder größeren einlagigen sogenannten Eispiegeln, die mehrere hundert Eier umfassen können. Die Eier sind rund und sehen frisch gelegt cremeweiß aus, sie verfärben sich grau, bevor die Raupen noch im Spätsommer schlüpfen. Die Raupen überwintern und können daher sowohl im Herbst als auch im Frühjahr bis etwa Juni gefunden werden. Schon die Ei- und Jungräupchen sind haarig und bilden ihren „Bärenpelz“ mit jeder Häutung besser aus. Die pelzigen, bis 6 cm langen erwachsenen Raupen werden im Frühsommer häufiger beobachtet als später die nachtaktiven Falter, wandern sie doch bei ihrer Suche nach Verpuppungsplatzen gern auch bei Tag über Straßen und Wege. Die Verpuppung erfolgt in einem Gespinst in Bodennähe.
  • Gefährdungsursachen: Wie bei vielen Insekten gibt es nicht die eine Gefährdungsursache. Es handelt sich um ein multifaktorielles Geschehen: Neben den direkten Verlusten durch Fressfeinde und Schwächungen geht den Insekten durch das erschöpfende Flattern um nächtliche Lichtquellen wertvolle Zeit für Partnersuche und Vermehrung verloren. Aber auch der Wegfall von Öd- und Unland, das Verschwinden von Hecken und Feldgehölzen, dunkle und monotone Wälder als Ergebnis forstwirtschaftlicher Nutzung, Intensivierung der Landwirtschaft mit Dünger- und Pestizideisatz, intensive „Pflege“ von Straßen- und Wegrändern nebst Böschungen und Gräben, Zersiedlung der Landschaft und Verkehrsbelastung sind zu nennen. Neben der Zerstörung von Lebensraum und der Verschlechterung der Habitatqualität werden die verbleibenden „guten“ Flächen immer kleiner und liegen immer weiter auseinander, was die Isolation von Populationen begünstigen und Wiederbesiedlungen erschweren kann. Der Braune Bär gilt als Bioindikator für naturnahe Lebensgemeinschaften und als Kulturflüchter. Er reagiert empfindlich auf Störquellen.
  • Verbreitung: Der Brauen Bär ist eine Art kühl-gemäßigter Zonen auf der Nordhalbkugel und dort in Europa von der Iberischen Halbinsel über West- und Mitteleuropa bis nach Ostasien, aber auch in Nordamerika verbreitet.
  • Gefährdung /Rote Liste: Die Bestände dieses ehemals sehr häufigen und bekannten, auffälligen Falters sind bundesweit rückläufig, auch wenn er in allen Bundesländern vorkommt. In Deutschland insgesamt (Rote Liste 2011) ist es eine Art der Vorwarnliste.

 

Kontakt

Rainer Borcherding
0173 242 01 04

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