Wertvolle Beteiligung, aber zu wenig Verbindlichkeit

14. Mai 2025 | Landespolitik, Meere, Landwirtschaft

Nach den vier Regionalkonferenzen der Landesregierung Schleswig-Holsteins zum Aktionsplan Ostseeschutz 2030 (APOS) ziehen die Ostsee-Naturschutzverbände eine gemischte Bilanz. Zwar wird das Engagement der Landesregierung ausdrücklich begrüßt, doch bleiben zentrale Kritikpunkte zur Wirksamkeit und Verbindlichkeit der Schutzmaßnahmen bestehen.

Die Veranstaltungen unter dem Motto „ostseeschutz.sh – Informieren. Austauschen. Gestalten“ in Eckernförde, in Flensburg, in Neustadt in Holstein und im Kreis Plön wurden von den Verbänden als wichtiger Schritt zur Transparenz und Beteiligung gewürdigt. Dass Vertreterinnen und Vertreter aus vier Ministerien – Umwelt, Landwirtschaft, Wirtschaft/Tourismus und Inneres – gemeinsam auftraten, wird als starkes Signal verstanden: Die gesamte Landesregierung steht hinter dem Aktionsplan.

Auch dass Naturschutzverbände, Wassersportvereine, Tourismusakteure und weitere Initiativen auf den Regionalkonferenzen aktiv eingebunden wurden, unterstreicht nach Ansicht der Verbände die grundsätzliche Dialogbereitschaft und ist ein positives Zeichen für die zivilgesellschaftliche Teilhabe am Ostseeschutz.

Der APOS ist allerdings nur ein erster Schritt, denn der Verzicht auf einen Nationalpark Ostsee wird von den Verbänden nach wie vor eine verpasste Chance eingeschätzt. Ein Nationalpark hätte ein starkes, international anerkanntes Instrument dargestellt, um den Schutz der Ostsee langfristig zu sichern. Hier sehen die Verbände nach wie vor Gesprächsbedarf.

Trotz des politischen Bekenntnisses zum APOS fehlt es aus Sicht der Verbände aber an der konsequenten Umsetzung. Insbesondere die neuen Schutzgebiete erfüllen nicht die Anforderungen an den sogenannten „strengen Schutz“, wie ihn die EU-Biodiversitätsstrategie fordert. Dort sollen natürliche Prozesse ungestört ablaufen können und menschliche Eingriffe weitestgehend ausgeschlossen sein.

„Ein echter strenger Schutz bedeutet: keine motorisierten Wasserfahrzeuge, kein Wassersport, keine Freizeitnutzung, die den Lebensraum beeinträchtigt  ̶  und das nicht nur im Winterhalbjahr, sondern ganzjährig“, betonen die beteiligten Verbände. Lediglich Maßnahmen, die dem Naturschutz, der wissenschaftlichen Forschung und der Abwehr von Gefahren für Mensch und Natur dienen, dürften in solchen Gebieten stattfinden. Hier fordern die Verbände konkrete gesetzliche Regelungen statt unklarer Empfehlungen.

„Ebenso fordern wir eine Ausweitung der Schutzgebietskulisse, denn 12,5 % sind erst der Anfang. Laut EU-Biodiversitätsstrategie müssen 30 % der gesamten Meeresflächen bis zum Jahr 2030 gesetzlich geschützt und laut EU-Wiederherstellungsverordnung von 2024 im selben Zeitraum mindestens 30 % der geschädigten Ostsee-Lebensräume wiederhergestellt werden“, ergänzen die Umweltschützerinnen und Umweltschützer.

Auch im Bereich Landwirtschaft sehen die Verbände dringenden Nachbesserungsbedarf. Die bislang vorgesehenen freiwilligen Vereinbarungen zur Reduktion der Nährstoffeinträge sind aus ihrer Sicht völlig unzureichend. Die Einhaltung der Ziele des Aktionsplans müsse sich klar an der EU-Wasserrahmenrichtlinie, der EU-Meeresstrategierahmenrichtlinie und dem HELCOM Abkommen orientieren. Das bedeutet: verbindliche Maßnahmen, klare Fristen, messbare Verbesserungen bereits 2030.

Zusätzlich kritisch wird die vorgestellte Zeitachse der freiwilligen Vereinbarung gesehen. Während der APOS eine Umsetzung bis 2030 vorsieht, wurde auf den Regionalkonferenzen eine Zielerreichung für die Begrenzung des Nährstoffeintrags bis 2035 in Aussicht gestellt. Die Verbände warnen vor einer weiteren Verzögerung: „Die ökologischen Belastungsgrenzen der Ostsee sind längst überschritten. Ein Aufschub der Maßnahmen bis 2035 ist nicht vertretbar.“

Die auf den Veranstaltungen dargestellten Maßnahmen im Bereich der Landwirtschaft waren reine in der fachlichen Diskussion befindliche Optionen, keine Handlungsansätze der Landesregierung. Außerdem fehlen Hinweise zur Nutzung von Agroforstsystemen und von klärteichartigen Wasserrückhaltungssystemen für Drainagewasser, deren Inhalte gerade in Zeiten des Klimawandels auch für zukünftig erforderliche Beregnungsmaßnahmen in der Landwirtschaft Verwendung finden könnten.

Die Ostseeschutz-Verbände fordern deshalb:

  • eine gesetzlich verankerte Umsetzung der Schutzmaßnahmen in neuen Schutzgebieten nach EU-Definition,
  • ein Verbot schädlicher Nutzungen in diesen Gebieten – insbesondere ganzjährig für motorisierten Wassersport,
  • verbindliche Vereinbarungen mit der Landwirtschaft zur Reduktion von Nährstoffeinträgen,
  • eine Einhaltung des Zeitrahmens bis 2030, wie im Aktionsplan vorgesehen.

Nur durch entschlossenes und wirksames Handeln lässt sich das ökologische Gleichgewicht der Ostsee wiederherstellen.

Das Bündnis der Ostsee-Naturschutzverbände besteht aus der Arbeitsgemeinschaft Integrierter Ostseeschutz (AGIO), dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Landesverband Schleswig-Holstein (BUND SH), der Heinrich-Böll-Stiftung, Landesnaturschutzverband Schleswig-Holstein e.V. (LNV SH), dem NABU Schleswig-Holstein, dem Verein Jordsand und dem WWF Deutschland.

Pressekontakte:

Eva Krautter

Referentin für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit NABU SH

04321 7572077

Eva.Krautter(at)NABU-SH.de

Verena Platt-Till

Meeresschutzreferentin des BUND SH

Mobil: 0152 29015049 

verena.platt-till(at)bund-sh.de

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