Die Weide im Fokus – unsere Forderungen

Wenn wir Ernährung und Landwirtschaft nachhaltig sichern wollen, gelingt dies nur mit fruchtbaren Böden, sauberen Gewässern und ökologischer Vielfalt. Dafür brauchen wir einen politischen Rahmen, der tatsächlich die Beweidung von Grünland fördert. So können wir lokale Nährstoffkreisläufe schließen. Gleichzeitig müssen wir Tierzahlen reduzieren und auf synthetischen Stickstoffdünger und importierte Futtermittel verzichten. Durch das gegenwärtige Fördersystem wird eine nachhaltige Ernährungssicherung nicht nur nicht unterstützt, sondern sogar gefährdet.

Die Vorteile der Weidehaltung:

  • Weidehaltung ist eine wesentliche Grundlage für ein resilientes, also widerstandsfähiges und langfristig nachhaltiges Agrar- und Ernährungssystem
  • Weidehaltung bietet vielfältige Vorteile für Tierwohl, Gewässerschutz, Klimaschutz und Biodiversität
  • Weidehaltung bietet enorme Potenziale für den Bodenschutz
  • Eine auf nachhaltige Weidehaltung ausgerichtete (Milch-)Viehhaltung entspricht dem gesellschaftlichen Wunsch nach Tierwohl
  • Weidehaltung prägt die Kulturlandschaft
Naturschutz, Mensch und Landwirtschaft kann man in Einklang bringen (Foto: Gerd Kämmer)

Unsere Forderungen zur Weidehaltung

  • Förderung der Weidetierhaltung abhängig von der Nutzungsintensität. Je extensiver also geringer die Besatzdichte, desto höher sollte die Förderung sein
  • Förderung der Beweidung von Jung- und Mastvieh, kuhgebundener Kälberaufzucht und Mutterkuhhaltung auch für Betriebsteile
  • Förderung inner- und zwischenbetrieblicher Projekte, die den Grundfutteranteil erhöhen sowie heimische Eiweißpflanzen und Nährstoffeffizienz im Grünland fördern
  • Förderung von Teilflächen unbürokratisch möglich machen
  • Zeitliche Flexibilisierung von Vertragsdauern etwa im Vertragsnaturschutz
  • Ausbau der Weideplattform sowie finanzielle und personelle Aufstockung der Grünlandberatung
  • Aufrichtigen und ambitionierten Ausbau des Ökolandbaus
  • Förderung des „multi-species-forage-mixture“-Ansatzes: Artenreichtum der grünlandspezifischen Pflanzenarten vergrößern
  • Förderung von innovativen Betrieben, die auch Beweidungsmodelle im Ackerbau entwickeln: Etwa Untersaaten-Bestellung mit nachfolgender Beweidung nach der Ernte der Hauptfrucht
  • Beratung und Forschung: Mit einer Weideprämie muss auch eine an die Besonderheiten des Graslandes angepasste Beratung und Forschung und deren engmaschige Verknüpfung mit der Praxis personell und finanziell sichergestellt werden

Mehr extensive Weiden sind der Weg zu mehr Biodiversität im Grünland!

Blühende Weiden mit kuhgebundener Kälberaufzucht sind eine Bereicherung für alle. (Foto: Gerd Kämmer)

Eine deutschlandweite Förderung von flächengebundener Weidehaltung für Milchkühe scheint schon länger nötig. Das Thema und die Anforderungen sind so komplex, dass ein stufenweises und punktebasiertes Fördermodell bereits lange gefordert wird und schon entwickelt ist, wie beispielsweise das DVL-Modell. Damit ließe sich zielgenauer, flexibler, gerechter und auch planungssicherer fördern und man könnte mehrere Ziele gleichzeitig unterstützen.

Die Intensität der Nutzung ist entscheidend

„Eine in der Intensität angepasste Weidehaltung ist die eierlegende Wollmilchsau der nachhaltigen Landwirtschaft. Je extensiver die Beweidung und je geringer die Besatzdichte der Tiere, um so förderlicher für die Biodiversität!“

Dr. Pia Turowski, Sprecherin des Landesarbeitskreises Land und Natur des BUND SH.

Die Förderpolitik muss einen Rahmen setzen, der es nicht mehr einfacher und vermeintlich kostengünstiger macht, die Tiere im Stall zu halten. Eine Förderung der Weidehaltung muss in Abhängigkeit an die Nutzungsintensität gestaffelt werden. Sie muss so in ein Paket von Maßnahmen eingebettet sein, das es tatsächlich wieder mehr Weiden (mit Weidetieren) gibt. Gleichzeitig müssen Tierzahlen, Futtermittel-Import, Einsatz von Kraftfutter und synthetischem Stickstoffdünger reduziert werden, damit sich lokale Nährstoffkreisläufe schließen können.

Die Besatzdichte sollte weniger als zwei Großvieheinheiten (GVE) pro Hektar betragen. (Das entspricht etwa zwei ausgewachsenen Kühen.) Sie muss an die vorhandene Futterfläche gebunden werden. Der Schritt „raus auf die Weide“ soll niedrigschwellig sein. Eine zu niedrigschwellige und pauschale Weideprämie kann für Klima- und Gewässerschutz sowie Biodiversität nicht wirksam werden. Sie nimmt auch nicht den Druck von kleinen und mittleren Betrieben und Biobetrieben, die kleinflächiges und strukturreiches Grünland bewirtschaften.

Schleswig-Holstein ist Gunststandort für die Weidehaltung

Galloway-Rinder können das windige, oft kühle Wetter in Schleswig-Holstein gut ab. (Foto: Gerd Kämmer)

Das Potenzial der weidebasierten Fütterung für den Tier-, Klima-, Gewässer- und Artenschutz ist enorm. Fast 70 Prozent der Rinderbestände in Schleswig-Holstein sind Milchvieh, etwa 40 Prozenz sind Milchkühe, etwa 350.000 Tiere. Dennoch sind die Milchviehbetriebe mit Weidehaltung, insbesondere die Biobetriebe darunter, Verlierer der letzten Reform der europäischen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Sie sind mit weitreichenden Prämienverlusten konfrontiert, die der aktuelle politische Rahmen nicht ausgleicht.

Gleichzeitig ist in den letzten Jahrzehnten viel Wissen zur Beweidung verlorengegangen. Weidehaltung erfordert unter anderem besondere Kenntnisse bei Herdenmanagement und -beobachtung, kontinuierlicher Nährstoffversorgung, Futterplanung und Wasserversorgung. Die Weidehaltung des Milchviehs wurde zunehmend durch intensive Stallhaltung mit Fütterung von Gras- und Maissilage sowie Kraftfuttermitteln ersetzt. Doch bietet die Weidehaltung eine Vielzahl von Vorteilen: Die Herden sind gesünder und fruchtbarer. Futterkosten sowie Arbeitszeit können eingespart werden.

Die Grünlandberatung der Landwirtschaft mit Feldbegehungen muss unbedingt wiederaufgenommen, ausgebaut und dauerhaft personell gesichert werden. Nur eine einzige (!) Referent*innenstelle in der Grünlandberatung für etwa 4.000 Milchviehhalter*innen kann dem nicht gerecht werden!

Beweidung und biologischer Klimaschutz

Bei angepasster Nutzungsintensität und vorrangig auf Grasland basierter Tierhaltung verschieben sich biologische Prozesse in Richtung Kohlenstoffbindung im Boden.

Das Zusammenspiel von Mikroorganismen, Rinderexkrementen und Wurzelwachstum verbessert die Bodenfruchtbarkeit. Genau aus diesem Grund sind die ehemaligen Weideflächen der großen Weidetiere jetzt die größten Humusvorkommen und Gunstböden.

Eine Ausnahme bilden Hochmoorstandorte, hier lehnen wir eine Beweidung ab. Diese Flächen müssen dringend wiedervernässt werden – für die Biodiversität und für den Klimaschutz!

Hier direkt zu unserem Standpunkt Moor

„Wird die Funktion der Rinder als Landschaftsgärtner im Grasland berücksichtigt, sind sie keine Klimakiller sondern Klimaretter.“

Dr. Pia Turowski, Sprecherin des Landesarbeitskreises Land und Natur des BUND SH.

Weide und Naturschutz

In trauter Eintracht: Kalb und Kiebitz (Foto: Gerd Kämmer)

Der Schlüssel zur Stärkung von Biodiversität und Artenschutz im Grünland ist die sehr extensive Beweidung von Flächen (0,3 bis 1,4 Großvieheinheiten pro Hektar), ohne zusätzliche Ausbringung von Düngung.

Auf Ganzjahresweiden wie zum Beispiel auf der Geltinger Birk leisten die Tiere durch die Pflege selten gewordener Biotope einen unschätzbaren Wert für die Biodiversität. Kuhfladen von Rindern (ohne prophylaktische Entwurmung) auf der Weide sind Grundlage für die Entstehung von 120 Kilo Insektenmasse pro Tier und Jahr. Stünden nur die Hälfte der Rinder in Schleswig-Holstein heute noch auf der Weide, käme das einer Insektenmasse von 60.000 Tonnen jährlich gleich – eine gute Basis für die Biodiversität!

hier direkt zum Thema: Artenreiches Grünland verschwindet

Ein Problem für die Artenvielfalt auf Weiden stellen allerdings Arzneimittel, wie etwa Entwurmungsmittel, dar. Mit solchen Breitband-Bioziden werden Parasiten in den Weidetieren bekämpft. Sie werden mit dem Kot der Tiere wieder ausgeschieden und sind häufig toxisch für Insekten und Gliedertiere. In der Folge sinkt die  Insektenvielfalt in den Kuhfladen. Selbst nach acht Wochen beeinflussen sie die Käfer oder andere Insekten in den Kuhfladen negativ, im schlimmsten Fall sterben sie ab. Koprophage Käferarten – also solche, die sich von Kot ernähren, wie beispielsweise Blatthornkäfer – gehören zu den gefährdetsten Käferarten der Gesamtfauna.

Ihre Ansprechpartnerin

Bini Schlamann

Agrar und Biodiversität
E-Mail schreiben Mobil: 0176 60365296

Ihr Ansprechpartner

Ole Eggers

Landesgeschäftsführung
E-Mail schreiben Tel.: 0431 66 060-60 Mobil: 0178 63 50 719

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