BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Wärmesanierung und Artenschutz

Eine gute Wärmesanierung ist wichtig für den Energieverbrauch. Doch wie nützt sie nicht nur dem Menschen, sondern schadet auch keinem Tier?

Seit einiger Zeit werden energetische Sanierungen, sowie Wärmedämmmaßnahmen immer stärker vom Gesetzgeber gefördert und von engagierten Bauherren auch durchgeführt. Diese Maßnahmen sieht auch der BUND als einen sinnvollen Beitrag zur Energiewende. Sie leisten durch den dadurch sinkenden Energieverbrauch einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz und schonen den Geldbeutel. Damit Wärmedämmung allerdings sinngemäß funktioniert, müssen Hohlräume, Löcher, Risse und andere Öffnungen verschlossen werden. Glatte und dichte Fassaden sind das Ergebnis. Diese Maßnahmen führen aber zu Konflikten mit dem Artenschutz.

Gebäudebrüter und Wärmedämmung

Eine Vielzahl von Tierarten hat sich inzwischen an den menschlichen Siedlungsraum als Habitat angepasst und dort gerade an Gebäuden im wörtlichen Sinne wertvolle Nischen zum Überleben gefunden. Der Mauersegler, die Zwergfledermaus und andere Arten brüten und schlafen in Gebäuderitzen und Hohlräumen. Diese Arten sind auf diese Brutplätze dringend angewiesen, da natürliche Habitate durch Einwirkung des Menschen verloren gegangen sind –  unsere Gebäude sind quasi „Ersatzfelsen“ für die Tiere. Durch zunehmende Wärmedämmungsmaßnahmen werden diese Nischen aber immer seltener. Obwohl das Bundesnaturschutzgesetz diesem Fall Rechnung trägt und Ausgleichsmaßnahmen vorschreibt, wenn beispielsweise Bruthöhlen verschlossen werden, werden diese Ausgleichsmaßnahmen in der Realität leider nur selten umgesetzt. Die Unteren Naturschutzbehörden sind in der Regel völlig unterfinanziert und unterbesetzt: Ihnen fehlen die Mittel, um regulierend einzugreifen.

Aber Klimaschutz und Artenschutz müssen kein Widerspruch sein: Werden die Bedürfnisse von Fledermaus und Mauersegler schon bei der Bauplanung berücksichtigt, dann sind die Zusatzkosten gering und Gebäudebrütern kann mit wenigem Aufwand ein neues Zuhause geboten werden. Dies gilt nicht nur bei der Sanierung des bestehenden Gebäudebestands, sondern auch bei Neubauten. Werden Schlaf- und Brutplätze bei zukünftigen Planungen ersetzt, wiederhergestellt oder am besten erhalten, dann können menschliche Siedlungsräume den Tieren ein ausreichendes Brutplatzangebot bieten und gleichzeitig fit für die Energiewende gemacht werden.

Gebäudebrüter in Schleswig-Holstein

In schleswig-holsteinischen Dörfern und Städten kommt eine Vielzahl von Gebäudebrütern vor.Die meisten von ihnen suchen menschliche Siedlungsräume auf, da ihre natürlichen Habitate inzwischen vom Menschen zerstört worden sind. Dies sind insbesondere Vögel wie der Mauersegler (Apus apus), der Spatz (Passer domesticus), der Hausrotschwanz (Phoenicurus ochruros),  der Star (Sturnus vulgaris), Schwalben (z. B. die Rauchschwalbe, Delichon urbicum), verschiedene Meisen, aber auch große Arten wie der Turmfalke (Falco tinnunculus) und die Schleiereule (Tyto alba). Neben Vögeln nutzen vor allem Fledermäuse Gebäude als Brut- und Schlafstätte, so unter anderen die Zwergfledermaus (Pipistrellus pipistrellus), das Braune Langohr (Plecotus auritus) und die Breitflügelfledermaus (Eptesicus serotinus). Die meisten dieser Arten ernähren sich von Spinnen, Mücken, Fliegen und anderen Insekten. Die Rückkehr dieser Vögel in die Siedlungsräume hätte also auch einen positiven Einfluss auf das alltägliche Wohlbefinden der Menschen, da die Vögel und Fledermäuse lästige Insektenpopulationen im Zaum halten.

Lösungen: Sanierung und Artenschutz Hand in Hand

Der erste Schritt, um Artenschutz und die energetische Sanierung von Gebäuden zu versöhnen, ist es die entsprechende Problematik schon bei der Bauplanung zu berücksichtigen. Dazu sollten rechtzeitig Informationen bei der Unteren Naturschutzbehörde über bekannte Vorkommen von Gebäudebrütern eingeholt werden und Fachleute das zu sanierende Objekt begutachten. So können Beeinträchtigungen für Tiere bei Bauvorhaben rechtzeitig vermieden werden.
Nach Baubeginn muss auf die Brutzeit der jeweiligen Arten Rücksicht genommen werden und im Idealfall erst an anderen Gebäudeteilen gearbeitet werden. Der Erhalt von vorhandenen Nistplätzen sollte dabei immer Vorrang vor Ausgleichsmaßnahmen haben, da die meisten Gebäudebrüter sehr ortstreu sind und die dauerhafte Entfernung eines Nestes schwerwiegende Folgen für die Tiere haben kann. Sollte es jedoch nicht möglich sein, bestehende Nist- und Schlafplätze zu erhalten, gibt es eine Vielzahl von Möglichkeiten Ausgleich zu schaffen, am besten an derselben Stelle. Laut Bundesnaturschutzgesetz ist dieser Ausgleich keine freiwillige Maßnahme, sondern zwingend vorgeschrieben. Am idealsten sind Einbausteine, die sich komplett in die Fassade oder Wärmedämmung integrieren lassen und von außen komplett unauffällig sind. Aber auch einfache an die Fassade montierte Nistkästen können eine Lösung sein. Dabei gibt es für jede Tierart speziell an deren Bedürfnisse angepasste Produkte, aber auch Regeln, die zu beachten sind, wie der Abstand der Nisthilfen zueinander.

Beispiele für solche Nisthilfen sind unter anderem:

  1. Lüfterziegel als Zugang zu Quartieren unter dem Dach
  2. Niststeine in Kaltdächern
  3. Nistbausteine in der Fassade
  4. Nistkästen zur Außenanbringung
  5. Nistkästen im Giebel
  6. Einmauersteine für Klinker-Fassaden
  7. Fledermausquartiere in der Fassade
  8. Fledermausquartiere unter der Dachverblendung

Möglich sind natürlich noch viele weitere individuelle Konstruktionen, vor allem im Dachbereich. Beispielsweise kann man den Tieren durch Einflugöffnungen den Dachkasten zugänglich machen oder Stuckelemente und Simsbänder offen halten. Hierbei kann Sie ihr Zimmermann oder Dachdecker beraten. Bei der Anbringung sollte immer darauf geachtet werden, dass die Tiere freien Anflug auf den Nistplatz haben. Ebenfalls sollte er nicht an sonnenexponierten Lagen angebracht werden, da sonst eine Überhitzung des Nistplatzes droht. Zusätzlich können bei Nistplätzen in der Nähe von Fenstern oder Balkonen so genannte Kotbretter angebracht werden, damit Hausbewohner nicht durch den  Kot der Tiere beeinträchtigt werden. Bei allen Maßnahmen ist Geduld gefragt: Insbesondere wenn komplett neue Nistplätze geschaffen werden, kann es ein paar Jahre dauern, bis diese von den Tieren angenommen werden.

Der konsequente Einsatz dieser Nistbausteine kann Stadt und Dorf als wichtigen Lebensraum für Vögel und Fledermäuse erhalten und gleichzeitig helfen den Energieverbrauch naturschutzverträglich zu senken.

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