BUND-Landesverband Schleswig-Holstein e.V.

Ostsee

Die Ostsee ist das größte Brackwassermeer unserer Erde. In ihr bilden sich durch ihre spezielle Lage unterschiedlichste Lebensräume, die Tiere und Pflanzen vor unzählige Herrausforderungen stellen.

Entstehungsgeschichte

Unsere heutige Ostsee hat eine bewegte Geschichte hinter sich: Vor etwa 12.000 Jahren endete die letzte, sogenannte Weichsel-Eiszeit und führte zum Abschmelzen riesiger Gletschermassen. Durch das Zusammenspiel von Hebungen und Senkungen der Landmassen, verursacht durch das schwankende Gewicht des Gletschers, entstand die Form und Struktur der heutigen Ostsee. Wechselnde Salzgehalte, von süß zu salzig und wieder zu süß, entstanden durch Hebungen und Senkungen des Meerwasserspiegels, ebenfalls bedingt durch das Abschmelzen oder die Bildung der Gletscher. Heute ist die Ostsee ein Brackwassermeer, und zwar das größte der Welt!

Den verschiedenen Stadien der Ostsee wurden Namen gegeben, die den charakteristischen jeweils vorherrschenden Tierarten entsprechen.

Nur das erste (süße) Stadium trägt den Namen „Baltischer Eisstausee“ und beschreibt die Entstehung durch schmelzendes Gletscherwasser, das sich in der Kuhle staute, die durch das Gewicht des Gletschers in die Erde gedrückt wurde.

Das zweite (salzige) Stadium wird „Yoldia-Meer“ genannt, aufgrund der Salzwassermuschel Yoldia arctica, die durch die neu entstandene Verbindung zur salzigen Nordsee in die Ostsee einwandern konnte.

Als „Ancylus-See“ wird das dritte (süße) Stadium benannt, wofür die charakteristische Süßwasserschnecke Ancylus fluviatilis verantwortlich ist. Der Salzgehalt nahm nach Bildung des Yoldia-Meeres aufgrund von Landhebungen, die durch Entlastungen des skandinavischen Festlandes verursacht wurden, wieder ab und die Verbindung zur Nordsee wurde wieder unterbrochen.

Das letzte Stadium der heutigen Ostsee wird als „Littorina-Meer“ bezeichnet. Die auch heute noch weit verbreitete große Strandschnecke Littorina littorea ist für diese Namensgebung verantwortlich. Erneuter Meerwasseranstieg im Zusammenwirken mit Bewegungen der Erdoberfläche führte zur Überflutung der letzten Barrieren und verband die heutige Ostsee wieder mit der Nordsee.

Lebensräume

Eigenartige und einzigartige Lebensgemeinschaften besiedeln den besonderen Lebensraum Ostsee. Oder eigentlich die Lebensräume der Ostsee, denn Vielfalt ist Trumpf in dem kleinen Meer. Nicht nur die unterschiedlichen Salzgehalte ermöglichen verschiedenen Arten das Leben und Gedeihen. Auch die unterschiedlichen, oft zerklüfteten Küstenformen mit Buchten, Bodden, Schären und Haffen schaffen Vielfalt, und auch jede Tiefenzone hat ihre eigene Lebewelt: 

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Lagunen

Die ausgedehnten Kaltwasser-Lagunen an der Ostsee werden von den Einheimischen auch „Bodden“ genannt, was nicht zufällig an „Boden“ erinnert. Denn dieses flache Meeresgebiet ist kaum irgendwo mehr als 3 Meter tief. Die Bodden sind durch Landzungen oder Inseln von der Ostsee abgetrennt und besitzen nur schmale Zuflüsse. Sie haben daher einen niedrigeren Salzgehalt als die Ostsee. Die berühmtesten tierischen Besiedler der vorpommerschen Boddengewässer sind sicher die Kraniche, die hier in jedem Frühjahr und Herbst zu Zehntausenden laut trompetend Station machen. Sie nächtigen in ausgedehnten ruhigen Flachwasserbereichen, gut geschützt vor Feinden. Ganzjährig sind viele Wasservögel anwesend.

Auf den inmitten der Lagunen liegenden flachen Inseln brüten seltene Watvögel wie Alpenstrandläufer oder Kampfläufer. Die spartanischen Nester sind eingebettet in artenreiche Salzwiesen, die für eine reiche Insektennahrung der Jungen bürgen. Die Lagunen sind nicht nur Paradiese für Wasservögel und Kleinlebewesen. Auch für Menschen. Seit Alters her sind es ergiebige Fischgründe und seit vielen Jahrzehnten beliebte Urlaubsgebiete. Durch europäisches Recht ist dieser besondere Lebensraum streng geschützt, doch nicht immer wird dieser Schutz in ausreichendem Maße beachtet. Zum Beispiel schreitet vielerorts die Bebauung der wertvollen Uferzonen unaufhörlich voran. 

 

Windwatt

Besonders flache Wasserbereiche fallen bei Niedrigwasser auch schon mal trocken. Man nennt diese zuweilen zentimeterweit über dem Meeresspiegel liegenden Lebensräume Windwatten. Das Trockenfallen liegt hier nicht an der Tide, denn die gibt es in der vom Weltmeer weitgehend isolierten Ostsee praktisch nicht. Die Wasserstände werden vielmehr vor allem von Windrichtungen und Strömungen bestimmt.

Für die Wattlebewesen bedeutet das eine besondere Anforderung: Auf den Watten der Ostsee kann eine Trockenphase schon mal einige Wochen andauern, bei sengender Sonne oder klirrender Winterkälte. Ein Wunder, dass hier überhaupt Lebewesen vorkommen. Borstenwürmer zum Beispiel, die in tiefen Wohnröhren im Sand leben. Sie sind eine sehr wichtige Nahrung für die großen Schwärme von Watvögeln. Die wenigen größeren Wattflächen, die es an der Ostsee gibt, sind nicht nur für diese Tiergruppe unverzichtbar. 

Flachwasser

Regelrechte Unterwasserwälder entstehen in den flachen Küstengewässern. Denn flaches Wasser bedeutet viel Licht und optimale Bedingungen für das Pflanzenwachstum, Seegras und Blasentag können ausgedehnte Bestände bilden und bieten Lebensraum für viele Meerestiere. Zahlreiche Weichtiere, wie die bunt gemusterte Kahnschnecke, ernähren sich von dem Algenaufwuchs der im Wasser treibenden Halme. Der Pflanzenwuchs bietet Fischbrut sowohl Nahrung wie Deckung.

Viele Fische ernähren sich von den reichlich vorhandenen Borstenwürmern und kleinen Krebstieren, die am und im Boden oder am reichen Pflanzenwuchs leben. Schlanke Seenadeln und Schlangennadeln, nächste Verwandte der Seepferdchen, schweben förmlich zwischen den Seegrashalmen. Für ihre Fressfeinde sind sie kaum von der umgebenden Vegetation zu unterscheiden. Im weichen Sandboden eingegraben leben Muscheln, beispielsweise die häufige Sandklaffmuschel.

Sandbänke

Die Sandbänke in der Ostsee sind ständig schwach überflutete Untiefen des Meeresbodens, die durch Sand- oder Kiesablagerungen entstanden sind. Sie unterscheiden sich deutlich von den umliegenden tieferen Gewässern in der Besiedlungsstruktur und Funktion: im Greifswalder Bodden und der Pommerschen Bucht werden Sandbänke von einer artenarmen aber individuenreichen Fauna besiedelt.

So findet man am häufigsten Sandklaffmuscheln, Herzmuscheln und Miesmuscheln sowie Schillernde Meeresborstenwürmer und Sandflohkrebse. Für Fische, überwinternde Wasservögel und muschelfressende Tauchenten bedeuten die unterseeischen Ostsee-Sandbänke ein wichtiges Nahrungs- und Rastgebiet. Alle Eingriffe in die Sedimentdynamik der äußerst empfindlichen Sandbänke haben deutliche Beeinträchtigungen und Veränderungen in der Besiedlung zur Folge.

Riffe

Vom Meeresboden emporragende Block- und Steinbedeckungen bilden mineralische Riffe, die mit ihren strukturreichen Höhlen und Lücken gute Lebensbedingungen und Versteckmöglichkeiten für viele wirbellose Tiere bieten. Sie wurden in der Regel von der Eiszeit zusammengeschoben und üben aufgrund ihrer vielfältigen, bunten Lebensformen auf Taucher eine Faszination aus.

Als biogene Riffe bieten Miesmuscheln Hartsubstrate für andere Organismen und werden von Grün-, Braun- und Rotalgen so wie von Seepocken, Moostierchen und Hydrozoen besiedelt. In den Zwischenräumen der Muschelbänke tummeln sich unzählige Borstenwürmer und Kleinkrebse. Fische wie der Ostseehering nutzen die Pflanzen und Steinchen, um ihren Laich anzuheften und die Jungfische aufzuziehen. Neben der Miesmuschel sind sie ihrerseits Nahrungsquelle für Wasservögel, die dort aufgrund des üppigen Nahrungsangebotes überwintern.

Als einzige natürliche Hartböden in der südlichen Ostsee kommt diesen Riffen eine große ökologische Bedeutung zu und macht sie zu einem wertvollen und schützenswerten Lebensraum. 

Flachküste

Der Strand selbst, sofern er nicht für die touristische Nutzung gereinigt wird, gliedert sich auch in verschiedene Lebensräume. Im angespülten Sand und Geröll brüten Vögel wie Zwergseeschwalbe und Sandregenpfeifer. Ihre gut getarnten Eier und Jungen sind kaum zu erkennen und können leicht zertreten werden. Auf frischen Strandwällen wächst Strandhafer und Strandroggen sowie Meerkohl und die selten gewordene Stranddistel. Auf älteren Strandwällen wachsen Heidegesellschaften, Schlehen- und Weißdornbüsche. Die Tierwelt des Strandwalls ist vielfältig.

 

 

Steilküste

Bei einer Steilküste folgt auf den Strand das Kliff. Ist es dem Einfluss des Meeres entzogen, nennt man es „totes Kliff“. Das kann durch natürliche Prozesse verursacht sein oder durch Befestigungsmaßnahmen. Im Laufe der Zeit wächst so ein totes Kliff mit Pflanzen und Büschen zu. Im Gegensatz zum aktiven Kliff, von dem jedes Jahr Material abgetragen wird – durch Wind, Brandung, Niederschläge und Frost. An anderer Stelle wird der Sand wieder an der Küste angespült und bildet Sandbänke oder Nehrungshaken. Dieser dynamische Vorgang bestimmt die für die südliche Ostsee typische Ausgleichsküste. Steilufer sind von hoher ökologischer Bedeutung, denn hier können nur besonders spezialisierte Tier- und Pflanzenarten leben, zum Beispiel die Uferschwalben, die in Kolonien leben und hier ihre Nisthöhlen graben.  

Tiere und Pflanzen in der Ostsee

Die Ostsee bietet Tieren und Pflanzen einen ganz besonderen Lebensraum mit vielfältigen Küstenformen, weichen und harten Meeresböden und unterschiedlichen Klimaverhältnissen. Doch die Bewohner haben es von Natur aus schon nicht immer leicht, denn das Wasser weist von West nach Ost einen abnehmenden Salzgehalt auf. Hinzu kommen Bereiche mit zu wenig Sauerstoff und Sprungschichten der Temperatur und des Salzgehaltes. Wer sich von den kalten Temperaturen nicht schrecken lässt, kann beim Schnorcheln und Tauchen eine überaus interessante und vielseitige Unterwasserwelt entdecken. Wir stellen hier einige der typischen und häufigen Tiere und Pflanzen vor 

Ihre Ansprechpartnerin

Stefanie Sudhaus

Meeresschutzreferentin
E-Mail schreiben Mobil: 0152 29015049

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