Die gekürte Libellenart macht es den Libellenkundlern nicht leicht. Klaus-Jürgen Conze, Biologe und Libellenkundler bei der GdO: „Die Kleine Pechlibelle ist eine Pionierart, die darauf spezialisiert ist, sich früh in jungen Gewässern anzusiedeln. Oft tritt sie unverhofft an neu angelegten oder frisch entstandenen Gewässern auf, ohne dass man weiß, wo sie hergekommen ist. Innerhalb weniger Jahre kann sie größere Populationen aufbauen, von denen aus Individuen dann in die Umgebung ausstreuen und das nächste Gewässer besiedeln.“
Naturnahe Auen sind ein klassischer Lebensraum der Kleinen Pechlibelle. Dort lassen Fließgewässer in Hochwasserzeiten sehr regelmäßig geeignete Strukturen entstehen. Renaturierungen von größeren Bächen und Flüssen fördern diese Art. Weitere typische Lebensräume sind Abgrabungen oder Steinbrüche, wo im Betrieb Gewässerstrukturen immer wieder neu entstehen. Die meist offenen, gut sonnenexponierten Kleingewässer weisen wenig Konkurrenz durch andere Arten auf. So kann die Kleine Pechlibelle neben ihrem einjährigen Entwicklungszyklus unter günstigen Bedingungen auch eine zweite Generation im Jahr hervorbringen. Die Kleine Pechlibelle wechselt während ihres Lebens genau wie ihre Schwesterart, die Große Pechlibelle, mehrfach ihr Aussehen. Vor allem die Weibchen durchlaufen während ihrer Reifung nach dem Schlupf deutliche Farbwechsel. Junge Weibchen sind durch eine lebhaft orangene Färbung unverkennbar. Dies ist unter anderem wichtig, weil dadurch die Männchen sofort erkennen können, mit wem sie sich paaren können. Libellen als Augentiere haben ein viel differenzierteres Farbensehen als wir Menschen. Sie haben viel mehr Farbrezeptoren und können so Farben, die für uns einheitlich aussehen noch nuanciert unterscheiden und auf diese Weise auch miteinander „kommunizieren“.
Auch in Schleswig-Holstein taucht die kleine Libelle an zahlreichen Standorten auf. Der Klimawandel führt leider häufig dazu, dass kleine Gewässer sehr schnell und sogar zu rasch für Pionierarten wieder austrocknen oder verlanden. Die Förderung nachhaltig-dynamischer Prozesse in der Landschaft ist daher ein wichtiger Schutzansatz für diese Spezialisten. Der BUND in Deutschland setzt sich seit Jahren unter anderem an der Hohen Garbe für die Renaturierung der Elbauen ein. Die Kleine Pechlibelle steht in einigen Bundesländern auf der Roten Liste der gefährdeten Arten.
Druckfähige Fotos der Kleinen Pechlibelle und mehr Informationen finden Sie unter: www.bund.net/libelle-des-jahres
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Wie der Name „Kleine Pechlibelle“ (Ischnura pumilio) vermuten lässt, gibt es tatsächlich auch noch eine „Große Pechlibelle“ (Ischnura elegans). Dieses Paar von Schwesterarten ist aber nur selten an der Größe auseinanderzuhalten, vielmehr gilt es genau nach den Unterscheidungsmerkmalen zu schauen, um die Arten exakt zu bestimmen. Die Lage einer „blauen Laterne“ (blau gezeichnete Körpersegmente am Ende des Hinterteils der Tiere) hilft hier weiter, man muss allerdings den Unterschied kennen und genau hinsehen. Wie so oft ist also auch bei den Pechlibellen, die so heißen, weil ihr Hinterleib bis auf die vorgenannte blaue Laterne pechschwarz ist, genaue Beobachtung gefragt. Da die Große Pechlibelle unsere häufigste Kleinlibelle ist, können sich wenige Individuen der kleinen Schwesterart mühelos in einem großen Bestand von Ischnura elegans „verstecken“, wenn man nicht aufmerksam ist. Durch die besondere Lebensweise der kleinen Pechlibelle gibt es immer noch Kenntnisdefizite, die es künftig zu erforschen gilt.
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